Proteste vor dem Parlament

Proteste vor dem Parlament
Geplant war eine Stürmung des Gebäudes, die Polizei riegelte hermetisch ab.

Schon seit Wochen geisterte der Plan durch sämtliche soziale Netzwerke. Auf Twitter wurde zum Protest aufgerufen, auf Facebook der Event erstellt und auf dem dazugehörigen Blog die Hintergründe präsentiert. Am Dienstag schließlich war es soweit: Die Umzingelung des Parlaments wurde ausgerufen.

Doch die spanischen Sicherheitskräfte waren vorbereitet: Das Parlamentsgebäude wurde hermetisch abgeriegelt. Gekommen waren laut offiziellen Zahlen der Madrider Stadtverwaltung dennoch 6.000 Demonstranten. Wobei Beteiligte vor Ort, wie der Fernsehjournalist Rafael Aníbal, gegenüber dem KURIER sogar von mindestens 15.000 Menschen sprachen: "Die offiziellen Zahlen lügen". Auch die Stimmung soll am Dienstag geladener gewesen sein als bei vorigen Protesten, es kam zu gewaltsamen Straßenschlachten. Laut Augenzeugen und Videoaufnahmen gingen Sicherheitskräfte scharf gegen die Demonstranten vor.

Die Polizei setzte nach eigenen Angaben 1300 Beamte ein. Die Präfektin von Madrid, Cristina Cifuentes, betonte, das Vorhaben zu einer Blockade des Parlaments sei vergleichbar mit einem versuchten Staatsstreich.

Gewaltsame Ausschreitungen

Obwohl die Organisatoren zur Ruhe und Vorsicht gegenüber der Polizei aufriefen, mehrten sich gewaltsame Ausschreitungen. Manche Protestierende warfen Steine auf Polizisten, die wiederum Gummigeschoße gegen die Demonstranten einsetzten. Insgesamt wurden laut der Tageszeitung El País 35 Menschen verhaftet und 64 verletzt, darunter auch 27 Polizisten. Einige hundert Menschen harrten bis in die Morgenstunden friedlich auf einem Platz nahe des Parlaments aus.

Die Regierung verurteilte die Ausschreitungen am Mittwoch. "Man muss auf Forderungen eingehen, die auf friedlichen Kundgebungen vorgebracht werden", sagte Vizeregierungschefin Soraya Saenz de Santamaria. "Aber wenn gewaltsam gegen die Vertretung aller Spanier vorgegangen wird, ist das eine andere Sache." Die oppositionellen Sozialisten äußerten Verständnis für den Unmut in der Bevölkerung, wiesen aber darauf hin, dass Gewalt gegen das Parlament nicht hinnehmbar sei. Beteiligte der Proteste wehrten sich am Mittwoch über Twitter gegen die "Kriminalisierung" von Seiten der Regierung und forderten erneut zu Demonstrationen auf.

Keine Privatinsolvenz in Spanien

Die Veranstalter der Proteste wollten auf die schwierige Lage der spanischen Bevölkerung in Zeiten der Wirtschaftskrise hinweisen. Tausende junge Menschen wandern derzeit aus, um im Ausland Arbeit zu finden. Das Rettungspaket der EU von bis zu 100 Milliarden Euro bedient die Kredite der Sparkassen, die Menschen selbst müssen ohne Privatinsolvenz auskommen. Die Lage vieler Spanier sei katastrophal, betont auch Michael Spalek, österreichischer Wirtschaftsdelegierter in Madrid, im Interview mit dem KURIER.

Die Demonstranten vor dem Parlament warfen Ministerpräsident Mariano Rajoy daher vor, mit seinen Sparmaßnahmen die Versprechen vor der Wahl im November 2011 gebrochen zu haben. Dieser zeigte sich am Dienstag in New York während der UN-Versammlung trotz Rezession und hoher Arbeitslosigkeit in seinem Land optimistisch. "Ich glaube, dass wir uns fragen müssen, ob es uns besser geht als im letzten Jahr. Und auch wenn es scheinen mag, als sei das nicht so, glaube ich, dass es so ist", sagte Rajoy.

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