2.000 Objekte aus dem Britischen Museum verschwunden: Nun ermittelt das FBI

2.000 Objekte aus dem Britischen Museum verschwunden: Nun ermittelt das FBI
Die Artefakte sollen jahrzehntelang aus dem Archiv entwendet worden sein. Sie wurden teilweise zu Billigpreisen auf eBay versteigert. Der Dieb könnte direkt aus der Mitte kommen.

Tonio Birbiglia hatte sie bereits vergessen. Den grünen Amethysten, der Cupid zeigt, den römischen Gott der Liebe, und den orangenen Skarabäus-Käfer-Edelstein, die er vor Jahren über eBay gekauft hatte. Obwohl der Antiquitätenhändler aus New Orleans die beiden Steine damals zum sensationellen Preis von 49 bzw. 200 Euro erstanden hatte, erzählt er der BBC. Er hatte sie danach wohl bald weiterverkauft

"Komplett geschockt" war er also, als ihn nun das FBI kontaktierte, um ihn zu den Steinen zu befragen. Denn die Steine hätten nie zum Verkauf stehen dürfen. Sie sind Eigentum des Britischen Museums in London. 

2.000 Objekte aus dem Britischen Museum verschwunden: Nun ermittelt das FBI

Im August 2023 ging eine Schockwelle durch die englische Kulturbranche gegangen: Diebstahlverdacht im Britische Museum! Zahlreiche Schmuckstücke sollen gestohlen, abhanden gekommen oder beschädigt worden sein. Die Polizei wurde eingeschaltet. 

Mittlerweile geht man von bis zu 2.000 verschwundenen Objekte aus. Es handle sich um Goldschmuck, Juwelen aus Halbedelsteinen und Glas. Die Gegenstände stammen teilweise aus dem 15. Jahrhundert vor Christus bis zum 19. Jahrhundert nach Christus. Sie wurden wohl über Jahrzehnte hinweg aus den Archiven entwendet und teilweise auf eBay zu billigen Preisen verkauft.

Digitale Spurensuche

Und hier wird der ohnehin unglaubliche Fall kurios: Verkauft wurden viele der Objekte von dem Benutzerprofil "sultan1966". Das Geld sandten die Käufer ein PayPal-Konto, das auf Peter Higgs registriert war. Jenem Mann, der leitender Kurator in der Abteilung für griechische und römische Geschichte des Museums war. 

Higgs war im Juli 2023  entlassen worden und verteidigt sich derzeit in einer Zivilklage. Ihm wird vorgeworfen Objekte im Wert von 117.000 Euro entwendet zu haben. 

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Aber ein passionierter Kurator, der wertvolle Objekte teils beschädigt, um sie billig zu verkaufen - unter seinem realen Namen? "Ich meine, für mich klingt das wie eine Falle. Es klingt, als ob er reingelegt wurde", sagt eine frühre Kuratorin im BBC-Podcast "Theft At The British Museum". 

Und doch hat Higgs laut Gerichtsaufzeichnungen, die der BBC vorliegen, zugegeben, dass der Account "sultan1966" ihm gehört. 

Internationale Rückholaktion

Unterdessen wurde das Projekt, die verlorenen Objekte zurück ins Museum zu holen, ein globales Unterfangen, an dem sich nun auch das FBI beteiligt. 

Der olivgrüne und der orangene Edelsteine konnten zwar noch nicht lokalisiert werden. Doch bei der Rückgabe von 268 Objekten habe das FBI bereits geholfen; sie waren an einen Sammler aus Washington verkauft worden.

Insgesamt wurden bis dato aber 626 Objekte geborgen. 100 weitere wurden gefunden, aber noch nicht zurückgebracht. 

Dänischer Sammler wird Privatdetektiv

Doch der Fall hätte vielleicht weniger dramatisch ausfallen können - wenn das Museum auf Ittai Gradel gehört hätte. Der Sammler hat das Museum bereits im Februar 2021 alarmiert. 

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Ittai Gradel ist ein Wissenschafter und Edelstein-Sammler in Dänemark und wurde im Mai 2020 stutzig. In einem neuen Buch über Edelsteine fiel ihm ein ungewöhnlicher olivgrüner Edelstein mit dem Abbild von Kaiser Augustus auf,  erzählt er BBCs Kulturjournalistin Katie Razzall. Der Stein, wurde in dem Buch festgehalten, gehörte dem Britischen Museum. Kurios, dachte Gradel. War ihm dieser Stein nicht unlängst von einem britischen Händler zum Verkauf angeboten worden? Er war ihm damals aufgefallen, weil die Figur auf dem Stein eine, für römische Verhältnisse ungewöhnliche Haartolle hatte.

360 "Geschenke" ans Museum

Gradel kontaktierte den Kunsthändler. Wie er in den Besitz gekommen war, wollte Gradel wissen. Über einen anderen Händler. Und dieser? Über eBay. Der Name des Verkäufers: Sultan1966.

Doch obwohl leitende Mitglieder die Warnungen als "völlig unbegründet" abtaten, verschrieb sich Ittai Gradel dem Fall. Er konnte mittlerweile 360 Steine ausfindig machen und an das Museum retournieren. 

Doch weil viele der Artefakte gar nicht katalogisiert waren, hat das Museum Schwierigkeiten nachzuweisen, welche der geborgenen Gegenstände aus der eigenen Sammlung stammten. Und kann sie derzeit nur als Schenkungen annehmen. 

Ittai Gradel hofft dennoch, dass es ihm viele gleichtun werden. 

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