Aus für Diplomatenpässe für Ex-Politiker

Klubobleute sollen Diplomatenpass verlieren
In Zukunft soll kein ehemaliger Politiker mehr über einen Diplomatenpass verfügen, kündigt Außenminister Spindelegger an.

Alles begann mit einer Enthüllung am Dreikönigstag. „Freie Fahrt für Grasser und Kollegen“, lautete die Schlagzeile des KURIER. Der vom Politstar zum Justizfall mutierte Karl-Heinz Grasser ließ im November seinen Diplomatenpass verlängern. Damit war eine Affäre ausgelöst, die Konsequenzen auf allerhöchster Ebene verursachte. Seit gestern ist sie Geschichte. Und so kam es dazu:

Der KURIER offenbarte, dass jeder, der irgendwann in diesem Land ein Regierungsamt bekleidete, mit Diplomatenpass die Welt bereisen darf. Bis ans Ende seiner Tage. Auch wenn er nicht mehr für die Republik, sondern nur noch in eigener Sache unterwegs ist.

Die öffentliche Empörung war groß. Grüne und SPÖ forderten einen sofortigen Privilegien-Stopp. Außenminister Michael Spindelegger hatte das Thema zuerst als „Pipifax“ abgetan. Zum KURIER sagte er gestern, vor dem Hintergrund des gewaltigen Sparpakets, das die Regierung gerade schnürt, sei ihm das Pass-Thema als nicht so wesentlich erschienen. „Aber klar ist, wenn der Eindruck von Privilegien entsteht, muss man handeln“, so Spindelegger.

Und er tut es radikal.

Kein ehemaliger Politiker wird in Zukunft einen Diplomatenpass bekommen. Die bestehenden Diplomatenpässe werden – sobald das neue Gesetz steht – eingezogen. Ein „klarer Schnitt“, sagt Spindelegger. Ausnahmen werde es keine geben: Weder für Alt-Bundespräsidenten noch für Alt-Kanzler noch für Minister oder Botschafter im Ruhestand. Nur eine Sonderbestimmung soll das neue Passgesetz enthalten: Wenn ein ehemaliger Amtsträger oder Botschafter im Dienst der Republik unterwegs ist, bekommt er für die Dauer dieser Mission einen entsprechenden Pass-Vermerk. Eine Regelung, wie sie etwa in Deutschland gehandhabt wird.

Absurditäten

Der entsprechende Nationalrats-Beschluss ist für April geplant. Nach Kundmachung des neuen Gesetzes werden die Diplomatenpässe ehemaliger Politiker und sonstiger Würdenträger wie Bischöfe binnen eines Monats eingezogen. Eine analoge Regelung wird für die Dienstpässe der Republik angestrebt.

Damit endet eine österreichische Groteske, die zuletzt immer neue brisante Details offenbarte. Hunderte Personen sind im Besitz des begehrten Reisedokuments, das im Ausland nicht nur Tür und Tor öffnet, sondern auch Schutz vor Kontrollen bieten kann.

Die zuletzt durch Geldaffären ins Zwielicht geratenen Ex-Minister Ernst Strasser und Hubert Gorbach, oder Ex-Casinos-Chef Leo Wallner sind in Besitz des Vorzugspapiers. Aber auch der schillernde Waffen-Lobbyist Alfons Mensdorff-Pouilly ist in Besitz eines Diplomatenpasses – in seiner Funktion als Gatte von Ex-Ministerin Maria Rauch Kallat. Zudem absurd: Ex-Vizekanzler Josef Pröll schickte seinen Diplomatenpass nach seinem Rücktritt korrekterweise zurück, bekam ihn jedoch postwendend wieder. Return to sender.

Die Verfassungsrechtsexperten Bernd Christian Funk und Heinz Mayer beurteilten nach den KURIER-Enthüllungen die Diplomatenpassvergabe an Ex-Minister jedenfalls als „eindeutig rechtswidrig“ – und sprachen von einer über Jahrzehnte lang nicht hinterfragten, „rechtsfernen, privilegierenden Praxis“. Nicht hinterfragt und rechtsfern. In nicht allzu ferner Zukunft werden die Privilegien-Pässe ungefragt eingezogen.

Mehr zum Thema

  • Hauptartikel

  • Kommentar

  • Hintergrund

Kommentare