Attacken mit K.-o.-Tropfen steigen an

Attacken mit K.-o.-Tropfen steigen an
Vergewaltiger und Räuber setzen immer öfter betäubende Substanzen ein – vor allem in Wien. Die Dunkelziffer ist hoch.

Gewalt hat ein neues Gesicht", warnte kürzlich Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek. Sie stellte einen Folder vor, der das Thema K.-o.-Tropfen "enttabuisieren" und Mädchen und Frauen vor der unsichtbaren Gefahr warnen soll. Zuletzt sorgte ein Justizbediensteter, der Ex-Insassinnen betäubt und vergewaltigt haben soll, für Schlagzeilen (siehe Artikelende).

Das Problem wurde lange bagatellisiert, K.-o.-Tropfen als urbane Legende und als Ausrede für einen Ausrutscher im Vollrausch abgetan. Neueste Zahlen zeigen aber, dass die Fälle ansteigen, und auch, dass Substanzen vermehrt bei Raubüberfällen eingesetzt werden.

Johann Maier, SPÖ-Konsumentenschutzsprecher, warnt "vor der wachsenden Gefahr". In einer parlamentarischen Anfrage wollte er vom Innenministerium wissen, wie oft der Einsatz betäubender Substanzen im Vorjahr aktenkundig wurde. Das Ergebnis: In Wien stiegen die Fälle von 41 (2010) auf 72. Eine Zunahme gibt es auch österreichweit – von 62 Anzeigen auf 84.

Die Statistik des Innenministeriums gibt auch Aufschluss darüber, bei welcher Art von Delikten Opfer betäubt wurden. Das Ergebnis ist für Maier überraschend. "An erster Stelle stehen Raubüberfälle." Alleine in Wien wurden im Vorjahr 43 Personen betäubt und dann ausgeraubt. 29 Mal wurde die Substanz als "Vergewaltigungsdroge" eingesetzt.

Die Dunkelziffer ist weit höher, heißt es beim Wiener Frauennotruf. Die echten Ausmaße des Problems kennt aber niemand. Die Hürden für Missbrauchsopfer sind hoch. Sie kämpfen mit Erinnerungslücken, und werden von der Ungewissheit geplagt.

Schwer nachweisbar

Die Substanzen stellen die Gerichtsmedizin vor ein veritables Problem. Sie sind nur wenige Stunden in Blut oder Urin nachweisbar. Während ein Polizist eine Anzeige tippt,

hat sich der Stoff, das entscheidende Beweismittel in einem Verfahren, oft schon verflüchtigt. Die Palette an Substanzen reicht von Industriechemikalien bis zu Medikamenten. Der Gesetzgeber hat mit dem Neuen-Psychoaktiven-Substanzen-Gesetz reagiert, das den Besitz einiger bisher legaler Mittel verbietet.

"Die Exekutive muss alle technischen Möglichkeiten ausschöpfen", sagt Maier. Und: Opfer müssten Proben rasch ins Labor bringen. Genauso handelte jüngst eine Salzburgerin. In der Vorwoche wurde ihr Peiniger wegen Vergewaltigung verurteilt.

Vier Frauen nach der Haft mit GHB betäubt

Im Fall des hochrangigen Bediensteten der Justizanstalt Linz, der vier Ex-Insassinnen mit K.-o.-Tropfen betäubt und sexuell missbraucht haben soll, fand am Donnerstag eine Haftprüfung statt. "Wegen Tatbegehungsgefahr wurde die U-Haft um einen Monat verlängert", erklärt Rainer Schopper von der Staatsanwaltschaft Linz. Die nächste Haftverhandlung ist für 30. Juli anberaumt.

Dem 52-Jährigen werden fünf Übergriffe – Vergewaltigungen und sexuelle Nötigungen – auf vier Frauen zur Last gelegt. Er bestreitet die Vorwürfe. Der Familienvater soll unter anderem am 24. November 2011 eine 28-jährige Linzerin im Gästehaus der Justizanstalt mit K.-o.-Tropfen betäubt und vergewaltigt haben. "Ich hatte ein stundenlanges Blackout", erzählt die Frau im KURIER-Gespräch. In ihrem Urin und Blut wurden Rückstände der Substanz GHB (Gammahydroxybuttersäure) sichergestellt. Der Verdächtige soll das Mittel in ihr Getränk gemischt haben.

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