Asylwerberheim Saualm sperrt zu
Eine Betreuungseinrichtung, in der „gewalttätige und mutmaßlich straffällig gewordene Asylwerber" fernab vom Schuss untergebracht werden – so lautete einst der Kärntner Ansatz in Sachen Asylpolitik. Der Ideenspender dazu war der damalige Landeshauptmann Jörg Haider. Das Projekt wurde auf der Saualm in der Gemeinde Griffen auf 1200 Meter Seehöhe umgesetzt. Aus einem ehemaligen Jugendheim wurde eine Unterkunft für Flüchtlinge. Eröffnet wurde die „Sonderanstalt" im November 2008 – ein Monat nach Haiders Unfalltod – von seinem Nachfolger Gerhard Dörfler.
Proteste seit dem Start
Von Anfang an gab es Vorbehalte, Bedenken und Proteste. Man bringe die Asylwerber menschenunwürdig und in totaler Abgeschiedenheit unter, meinten Kritiker. Auch finanziell lief beim Kärntner Asylprojekt nicht alles glatt. Laut Landesrechnungshof war das Heim durchschnittlich nur zu 16 Prozent ausgelastet. Oft waren dort nur sechs Personen zur gleichen Zeit untergebracht.
Seit Freitag ist das Asylwerberheim in Wölfnitz auf der Saualm Geschichte. Im September wurde es wegen „Sanierung" geschlossen. Jetzt sperrt die Sonderanstalt nicht mehr auf. Am Freitag kündigte das Land Kärnten den Vertrag mit der derzeitigen Betreiberin Herta Lechner (79). „Vertrauensverlust", so lautete die Begründung: „Aufgrund der aktuellen Vorwürfe und Anzeigen gegen die Betreiberin und dem daraus entstandenen Vertrauensverlust ist eine weitere Zusammenarbeit für das Land nicht mehr tragbar", erklärte die neue Flüchtlingsbeauftragte Barbara Gutsche.
Vorwürfe
Die Vorwürfe gegen die 79-Jährige, die auch im Bezirk Villach eine Flüchtlingsunterkunft mit Wohnungen betreibt, sind vielfältig: Von Übergriffen der Security auf Flüchtlinge, eingeschränkter Bewegungsfreiheit, unzureichender medizinischer Versorgung, ungenügendem und verdorbenem Essen sowie verbotenen Schächtungen ist die Rede. Dazu kommt eine Anzeige wegen Verschleierung: Wie berichtet hatte Herta Lechner als Geschäftsführerin der HP Beherbergungs GmbH ein halbes Jahr nach dem Kauf des ehemaligen Jugendheims im Jahr 2009 das Objekt an sich selbst als „Landwirtin" verkauft. Staatsanwalt Helmut Jamnig: „Die Vorhaltungen sind zu prüfen, darauf hat die Schließung keinen Einfluss."
Herta Lechner hatte vor einer Woche gegenüber dem KURIER noch frohlockt, dass „auf der Saualm ein Fünf-Sterne-Hotel" entstehe: Alles sei verputzt, ausgemalt und die Heizung erneuert. Der Betrieb des Asylwerberheimes hätte ihr laut Vertrag bis Mai 2014 knapp 1,8 Millionen Euro gebracht.
Mit der Saualm hatte die Politik zuletzt immer weniger Freude. Landeshauptmann Dörfler wurde angezeigt. Gegen den bisherigen Flüchtlingsreferenten Gernot Steiner gibt es Vorwürfe wegen Untreu e und Amtsmissbrauchs. Steiner verabschiedete sich, wie berichtet, still und schnell in die Pension.
Grundversorgung
„Besuche scheinen sich nun zu erübrigen", kommentierte Heidi Pacher aus dem Büro von Volksanwalt Peter Kostelka die überraschende Schließung der Saualm. Die Volksanwaltschaft hat das Heim ebenfalls unter die Lupe genommen. Eine Inspektion vor Ort war bisher aber nicht möglich. Das vom Land Kärnten verfügte Betretungsverbot galt auch für die Volksanwälte.
Die Volksanwaltschaft prüft trotzdem weiter. Laut Pacher ergeben sich weitere Fragen: „Jetzt konzentrieren wir uns darauf, wie die Grundversorgung von Flüchtlingen in Österreich überhaupt funktioniert. Die Saualm war ja schon fast ein Symbol." Ein weiteres Problem ist, dass Kärnten die Asylquote weiterhin nicht erfüllt.
Laut Flüchtlingsbeauftragter Barbara Gutsche sei bereits ein Saualm-Nachfolgeprojekt in Ausarbeitung. Das neue Objekt soll jedenfalls wieder „außerhalb der Ballungsräume" entstehen.
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