Arzt in Dubai vor Gericht: Langes Warten auf Gerechtigkeit

Arzt in Dubai vor Gericht: Langes Warten auf Gerechtigkeit
Nach Prozesstag eins ist klar: In Dubai mahlen die Mühlen der Justiz langsam. Adelsmayr bangt weiter um sein Leben.

Die Türen des sandfarbenen Dubaier Gerichts drehen sich unermüdlich. Im Sekundentakt schleusen sie Besucher vom heißen Stiegenaufgang ins klimatisierte Gebäude. Nach wenigen Schritten sinkt die Temperatur schlagartig auf 21 Grad Celsius. Dubai Court in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE), Sonntag, 8.45 Uhr: Eugen Adelsmayr, jener oberösterreichische Arzt, der wegen Mordes an einem Patienten angeklagt ist, stapft mit seiner großen, schwarzen Ledertasche in der Hand den Gang entlang.

Den Inhalt seiner Tasche, einen dicken weißen Ordner, bräuchte der 52-jährige Intensivmediziner gar nicht. Er kann die Anklage, die Zeugenaussagen, und das Gutachten jener staatlichen Expertenkommission, das ihn von allen Vorwürfen freisprach, in- und auswendig. "Ich könnte die Anklage auseinandernehmen. Das ist medizinischer Nonsens", sagt er.

Nach der ersten Anhörung Anfang Juli, in der er sich lediglich nicht-schuldig bekennen durfte, ahnt Adelsmayr schon, dass an diesem Sonntag erneut andere am Wort sein werden. Obwohl es im allerschlimmsten Fall um sein Leben geht. Der Strafrahmen beginnt bei drei Jahren Haft und endet bei der Todesstrafe, die der Staatsanwalt verlangt.

Hilfe unterlassen?

Arzt in Dubai vor Gericht: Langes Warten auf Gerechtigkeit

Die Vorwürfe, die gegen den den Artz erhoben werden, wiegen schwer. Adelsmayr wird der Tod eines querschnittgelähmten Patienten im Februar 2009 am Rashid Hospital wegen angeblich unterlassener Hilfeleistung zur Last gelegt.

Um die Ecke biegt ein älterer Herr. "Der Chef", sagt Adelsmayr erleichtert, "ist diesmal persönlich gekommen." Ibrahim Al Mulla ist ein Staranwalt, führt drei Kanzleien, und strahlt in seiner Kandura, dem traditionellen, weißen Gewand, die Autorität eines Scheichs aus. "Wir werden ein Gutachten beantragen. Aber es braucht Zeit", erklärt der Jurist.

Er steht neben Adelsmayr, dem österreichischen Botschafter Julius Lauritsch und Konsul Gerhard Dedic. Beide sind gekommen, um den Prozess zu beobachten und sich mit dem Anwalt auszutauschen. "Wir vertrauen auf das unabhängige Gericht", betont Lauritsch, "haben aber den Behörden unsere Sicht der Dinge mitgeteilt."

Die Mühlen der Justiz mahlen besonders während des Fastenmonats Ramadan langsam. Mit 70 Minuten Verzögerung betritt ein Schöffensenat den holzverkleideten Saal. Die Anspannung steigt. "Man gewöhnt sich an alles", redete sich Adelsmayr ein. Vor seinem Prozess werden im selben Saal elf Verhandlungen im Zwei-Minuten-Takt geführt.

Der Showdown

Der Showdown beginnt dann mit einem Wortschwall von Ibrahim Al Mulla. Adelsmayr steht wortlos hinter einer hölzernen Absperrung. Da es keinen Dolmetscher gibt, wird der angeklagte Arzt erst nachher erfahren, dass die Verhandlung auf den 7. September vertagt wurde. Für die Einvernahme erster Zeugen, wird es heißen. Nach acht Minuten tritt schon der nächste Angeklagte vor den Richter.

Anwalt Al Mulla eilt zum nächsten Saal, seine Tochter, ebenfalls eine Juristin, bleibt, um Adelsmayr und Botschafter Lauritsch aufzuklären. "Es braucht Zeit. Auch das Gutachten braucht Zeit", sagt sie mehrmals. "Wissen Sie, wie lange ein weiteres Monat ist. Das kostet unendlich viel Kraft", entgegnet Adelsmayr. Der Prozess könnte sich über ein Jahr hinziehen. Er will zumindest seine Arzt-Lizenz zurück. "Dafür werde ich jetzt kämpfen."

"Wir bleiben in Kontakt", sagt Lauritsch, bevor er und Dedic sich verabschieden. Am Weg zum Auto lässt Adelsmayr den Kopf hängen. Erneut sei er nicht zu Wort gekommen. "Der Richter", sagt er enttäuscht, "hätte die Anklagen lesen müssen." Und dann? "Mit diesen Fakten kann man den Prozess nur einstellen."

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