Afghanistan: US-Soldat tötet16 Zivilisten

Afghanistan: US-Soldat tötet16 Zivilisten
Afghanistans Präsident Karzai sprach von einem "unverzeihlichen Verbrechen". Im Weißen Haus zeigt man sich tief besorgt.

Nach der Koranverbrennung durch US-Soldaten gab es blutige Proteste. Jetzt belastet ein weiterer Zwischenfall die Beziehungen Washingtons zu Kabul: Ein amerikanischer Soldat hat in dem afghanischen Dorf Balandi Pul in der Sangabad-Gegend des Distrikts Pandschwai ein Blutbad angerichtet und 16 Zivilisten erschossen, darunter neun Kinder und drei Frauen.

Westlichen Sicherheitskreisen zufolge verließ der US-Soldat vor Sonnenaufgang seinen Stützpunkt. In dem Dorf sei er in mehrere Häuser eingedrungen und habe die Bewohner erschossen. Anschließend habe er sich gestellt. Den Angaben zufolge soll der Soldat unter psychischen Problemen leiden. Die BBC berichtete, es solle sich um einen Unteroffizier einer Spezialeinheit handeln.

"Unverzeihliches Verbrechen"

Die Bluttat löste eine neue Krise im amerikanisch-afghanischen Verhältnis aus. Präsident Hamid Karzai verlangte von den USA Aufklärung. "Die afghanische Regierung hat oft diese sogenannten Einsätze gegen Terrorismus verurteilt, in denen Zivilisten Opfer erleiden", sagte Karzai nach Angaben seines Amtes. "Aber wenn amerikanische Soldaten vorsätzlich Menschen töten, dann ist das ein unverzeihliches Verbrechen." Die US-Regierung müsse die Tat dem afghanischen Volk erklären. Karzai sandte eine Untersuchungskommission zum Tatort.

Der Kommandant der Internationalen Schutztruppe ISAF und der US-Soldaten in Afghanistan, General John Allen, zeigte sich "schockiert" über den Vorfall. Auch die US-Botschaft in Kabul verurteilte die Tat und versprach, den Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. Der mutmaßliche Täter befinde sich in Gewahrsam der internationalen Truppen.

US-Präsident Barack Obama reagierte mit Bestürzung auf die Bluttat. Die Tat sei "tragisch und bestürzend", erklärte Obama am Sonntag in Washington. "Ich bin tief traurig angesichts der Informationen über den Tod von afghanischen Zivilisten", hieß es in der Erklärung, mit der Obama auch den Angehörigen der Opfer sein Beileid übermittelte. Er unterstütze eine möglichst schnelle Untersuchung des Vorfalls, um die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen.

Der deutsche Außenminister Guido Westerwelle sprach während eines Besuchs in der saudischen Hauptstadt Riad von einem "Rückschlag für das große Engagement der internationalen Gemeinschaft für Frieden und Aussöhnung in Afghanistan" und von "unverantwortlichem und gänzlich unverständlichem Handeln" einzelner. Zugleich bekräftigte der Außenminister, dass Deutschland sein Engagement in Afghanistan fortsetzen werde.

Immer wieder Spannungen

Die Tötung afghanischer Zivilisten durch ausländische Soldaten sorgt immer wieder für erhebliche Spannungen zwischen der ISAF und der Regierung in Kabul.  Nach der Verbrennung von Ausgaben des Korans durch US-Soldaten auf dem Militärstützpunkt Bagram nahe Kabul gab es Ende Februar im ganzen Land tagelange Proteste, bei denen 30 Menschen getötet und 200 weitere verletzt wurden. Im Zusammenhang mit der Koran-Verbrennung wurden bis zum 1. März sechs US-Soldaten von afghanischen Kollegen getötet.

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