500.000-Euro-Broschüre: Keiner will’s gewesen sein
Das waren Zeiten. Arm in Arm kämpften sie 2009 für einen Erfolg des BZÖ bei der Kärntner Wahl – und gegen die FPÖ: Gerhard Dörfler, Uwe Scheuch, Harald Dobernig und Stefan Petzner.
Das sind Zeiten: Gegen die vier einstigen Gesinnungsfreunde wird wegen des Verdachts der Untreue und des Amtsmissbrauchs ermittelt – und jeder kämpft für sich selbst bzw. die jetzigen FPKler Dörfler, Scheuch und Dobernig gegen den noch immer Orangen Petzner.
Im Wiener Straflandesgericht wurden Kärntens Landeshauptmann Dörfler und BZÖ-Vizeklubchef Petzner gestern einvernommen. Es ging um eine 48-seitige Wahlkampfbroschüre, die vor der Landtagswahl 2009 an alle Kärntner Haushalte geschickt worden war. Titel: "Wir bauen das neue Kärnten. Garantiert". Kosten: 500.000 Euro – finanziert aus Steuergeld. Inhalt und Optik der Hochglanzpostille (samt DVD) erinnerten frappant an die Wahlkampflinie des BZÖ.
Die Korruptionsstaatsanwaltschaft beurteilt das Machwerk kritisch. Durch den Slogan "Garantiert", durch die optische Übereinstimmung und die Verwendung des Plakat-Fotos des BZÖ sei die "positive Werbung für das Land Kärnten" auch ohne konkreten Wahlaufruf mit einer Partei verknüpft – und so "auf subtile Art" zur "Parteiwerbung" geworden. "Dass dies nicht zufällig erfolgte, liegt auf der Hand, wurde doch der Auftrag für das `Standortmarketing-Projekt des Landes Kärnten` derjenigen Agentur erteilt, die auch mit der BZÖ-Wahlwerbung betraut war und die offenkundig die Werbemaßnahmen aufeinander abgestimmt hatte", schrieb die Staatsanwaltschaft 2010.
Nun will keiner der vier Politiker für den üppigen Folder verantwortlich sein. Petzner sagt: "Ich war nur für die Gestaltung zuständig." Also nicht für die Finanzierung. Seltsam: Im Impressum scheint der Name Stefan Petzner unter "Projektmanagement" auf. Dennoch befindet er: "Die Vorgehensweise war zulässig." Dörfler putzt sich gänzlich ab: "Ich habe die Broschüre am Erscheinungstag das erste Mal gesehen." Petzner habe "allein die Wahlkampfaktivitäten gesetzt. Ich habe keine Aufträge erteilt." Nichts sagen wollen Dobernig und Scheuch. Sie werden erst befragt. Pikant an der Causa: Die Anzeige eingebracht haben die Freiheitlichen, die unmittelbare Konkurrenz des BZÖ. FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl qualifizierte die Broschüre 2009 als "schweren, ganz besonders dreisten Fall von Amtsmissbrauch".
Rosenkrieg
Mittlerweile gehören Dörfler, Scheuch und Dobernig wieder zur freiheitlichen Familie. Sie sind Protagonisten der FPK, der Bruderpartei der Strache-FPÖ. Wie sieht man dort die Angelegenheit heute? Kickl äußert sich nicht dazu; er urlaubt. Sein Kollege Harald Vilimsky kommt bei der Frage des KURIER, ob auch er Amtsmissbrauch ortet, ins Schleudern: "Ich bin kein Jurist." Auf den Vorhalt, das sei auch Kickl nicht, meint Vilimsky: "Das Ganze ist aus der damaligen Situation heraus zu sehen, da waren FPÖ und BZÖ im politischen Rosenkrieg. In Wahlkampf-Phasen gibt es andere Bewertungen, als wenn man sich das in Ruhe anschaut." Sollten Dörfler & Co. zurücktreten, wenn sie verurteilt werden? "Ich gehe davon aus, dass sie nicht rechtskräftig verurteilt werden." Schließlich sei wegen einer "baugleichen Broschüre aus dem Innenministerium" auch nichts passiert.
Vilimsky bezieht sich auf die Wahlinformationsbroschüre des Innenministeriums bei der EU-Wahl 2009. SP-Geschäftsführer Günther Kräuter hatte bei der Staatsanwaltschaft eine Sachverhaltsdarstellung gegen die ÖVP wegen des Verdachts des Amtsmissbrauchs eingebracht: Das Informationsmaterial soll nahezu ident mit den Sujets der Inserate von VP-Spitzenkandidat Ernst Strasser bei der EU-Wahl gewesen sein. Die Ermittlungen wurden eingestellt.
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