25 Jahre danach: Wie grau ist Grün?

25 Jahre danach: Wie grau ist Grün?
Jubiläum: Vor einem Vierteljahrhundert schaffte die Öko-Bewegung den Sprung ins Parlament. Was blieb von der einstigen Protest-Partei?

Es ist ein frostiger Mittwoch im Dezember, vor dem Parlament liegen Schnee und Eis - und für die Grünen passt das irgendwie ganz gut. Denn als an diesem 17. Dezember 1986 unter der Führung von Freda Meissner-Blau die ersten grünen Abgeordneten im Parlament ihren Eid leisten, werden sie kühl empfangen.

"Für die Großparteien war unser Einzug die Landung der Marsmenschen. Das begann schon damit, dass wir keine Krawatten trugen", sagt Peter Pilz, heute Sicherheitssprecher, damals einer der acht Ersten.

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Am 23. November 1986 schafften die Grünen bei der Nationalratswahl 234.038 Stimmen (4,82 Prozent) - und damit zum ersten Mal den Einzug in den Nationalrat. Am Mittwoch gibt es deshalb einen kleinen Festakt; online (www.gruene.at/25_jahre/) sind historische Aufnahmen und Interviews zu finden.

"SPÖ und ÖVP-Vertreter waren aufmerksam erregt bis ablehnend", erzählt Andreas Wabl, ebenfalls Mann der ersten Stunde und später Klubchef. "Anfangs hat man uns nicht einmal Räume im Parlament gegeben. Kleinlich, aber symptomatisch - wir waren die Hauptfeinde."

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Vor allem der Aktionismus sorgte für Irritationen in den etablierten Parteien: Zur Angelobung brachte Schauspieler Herbert Fux einen Koffer mit, der mit politischen Botschaften beklebt war ("Die Industrie vergiftet unser Wasser"); bei einer Plenarsitzung verkleideten sich Pilz und Fux als Udo Proksch - aus Protest; und um die propagierte Opferrolle Österreichs im NS-Regime anzuprangern, entrollte Wabl 1987 im Plenum gar eine Hakenkreuz-Fahne.

Der Anspruch war einfach: "Wir wollten die Heuchelei demaskieren, haben das verschlafene Parlament, das alle Macht an die Regierung abgegeben hatte, zum Arbeitsparlament machen", sagt Wabl. "Wir waren die ,Occupy Wallstreet-Bewegung im Nationalrat'", meint Christoph Chorherr, Wiener Gemeinderat und damals parlamentarischer Mitarbeiter.

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Heute ist der Auftrag ein anderer. Für Parteichefin Eva Glawischnig zählt nicht allein Widerstand, sondern das Gestalten (siehe Interview). Aber hat sich die Öko-Bewegung nicht ein Stück überholt? Immerhin stagnieren die Grünen - trotz Wirtschaftskrise und Öko-Desastern wie Fukushima - bei bundesweit 10,4 Prozent.

"Die damaligen Kernforderungen, die Energie- und die Demokratiewende, sind weiter aktuell", sagt Chorherr. "Wir sind die Einzigen, die sagen: ,Wir müssen den Lebensstil ändern, und dazu gehört, dass Parkscheine und Energie teurer werden.' Welche Partei traut sich das?"

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Freda Meissner-Blau sieht das nicht ganz so blumig, sie antwortet gern mit dem Satz: "Ich hätte mir von den Grünen mehr Radikalität gewünscht." Was sie meinen könnte, erklärt Ex-Klubchef Wabl: "Unsere mittlerweile 20 Abgeordneten haben Macht -, aber die müssen sie auch gebrauchen."

Als Beispiel bringt er den verspäteten Budgetbeschluss im Vorjahr. "Wenn ein Finanzminister sagt, er schert sich nicht um die Verfassung und macht das Budget, wann es ihm passt, dann müssen Grüne kompromisslos gegenhalten. Mit Sitzungsunterbrechungen und allem, was rechtlich geht - wir hatten früher auch viel Fantasie."

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