Das Boot des Seglers - Baby, Freundin, Heiligtum

Das Boot des Seglers - Baby, Freundin, Heiligtum
Sie sind jung, aber erprobt. Denn sie müssen nicht nur eine Olympiaregatta durchhalten, sondern auch schon bewiesen haben, dass sie schnell sind - und speziell. Die Boote von Österreichs Rio-Seglern heißen Gloriosa, Lambada, Hildegard und Rey, sie sind Baby, Freundin oder Heiligtum für ihre Besatzung.

Gloriosa heißt das Boot der 470er-Seglerinnen Lara Vadlau/Jolanta Ogar. "Wir haben über wirklich verrückte, dumme Namen nachgedacht. Dann haben wir gesagt, nein, bei Olympia muss es ein stolzer Name sein. Auf Facebook haben wir einen Contest gemacht und das war ein Vorschlag", erzählte Ogar. "Es steckt Glory drinnen und Rio, wir mögen diesen Namen."

Sie behandelt Gloriosa wie eine Person, nicht wie einen Gegenstand. "Ich bin immer die Erste, die beim Boot ist. Ich decke sie ab und dann haben wir zwei immer ein kleines Gespräch. Das Boot hat eine Seele, ich glaube daran." Da die Verhältnisse oft auch schwierig seien, habe das Wassergefährt kein leichtes Leben. "Lara und ich motivieren sie dann vor dem letzten Rennen: 'Wir können das', sagen wir zu ihr."

"Sie ist unser Baby, wir kümmern uns um sie und spielen mit ihr", beschrieb Vorschotern Tanja Frank den Nacra 17 namens Lambada. Sie ist die "Neueste" und bekam den Vorzug gegenüber Coco. "Ein Familienmitglied. Wahrscheinlich verbringe ich mehr Zeit mit dem Boot als mit meiner Freundin. Sie ist unser Baby, wir putzen sie, waschen sie, bauen auf und ab. Es ist ein kleines Heiligtum und es tut auch persönlich weh, wenn es gecrasht wird. Dann muss man quasi ein Pflaster draufpicken", gibt Steuermann Thomas Zajac einen guten Papa ab.

Bei aller Liebe gibt es aber auch Grenzen. "Das Gefühl muss da sein, wir spüren es in Beinen und Händen, ob sie fährt oder nicht. Wenn sie lange Zeit nicht fahren würde, würde man das Baby vielleicht tauschen." Der Wert sei in jedem Fall viel höher als der Preis, denn man investiere extrem viel Zeit, es individuell herzurichten. "Wenn es verloren geht, bekommt man nie im Leben das, was man an Energie reingesteckt hat", weiß Zajac.

Stets alte Namen wählen Matthias Schmid und Florian Reichstädter, so Waltraud, Monika, Gertrude und Hildegard. "Was modern ist, wird man morgen wissen, klassische Namen haben einen guter Wiedererkennungswert", sagte 470er-Steuermann Schmid. "Für Olympia wurde es Hildegard. Weil sie die Jüngste ist und hoffentlich noch 14 Tage durchhält."

"Mit der Taufe bekommen die Damen den Namen. Wir sprechen mit ihr, sie ist ein Partner des Teams, wir brauchen sie", zählte Schmid auf, wie wichtig das Boot ist. Man widme Hildegard viel Zeit, im Gegenzug "muss sie schnell mit uns fahren".

Vorschoter Reichstädter erzählte, dass man auch Reparaturen selber durchführe. "Man muss auf sie aufpassen und sie pflegen. Bei der Nachbetreuung können wir mittlerweile schon ein paar Sachen abgeben, weil wir wissen, ein Bootsbauer kann das besser reparieren. Aber im Endeffekt arbeiten wir lieber selber am eigenen Boot."

Auch Nico Delle Karth hat mit dem Boot neben seiner Lebensgefährtin eine weitere "Partnerin fürs Leben" gefunden. "Mit ihr verbringe ich wahrscheinlich mehr Zeit als mit meiner Freundin", sagte auch der Tiroler. "Zu jedem einzelnen Boot habe ich eine spezielle Beziehung. Eigentlich ist ein Boot für mich mehr ein Gefühl als was Anfassbares. Da wir viele Boote haben und viele testen, habe ich mit jedem etwas Spezielles erlebt."

Benannt sind die Boote nach berühmten Filmfiguren. "In Rio segeln wir mit Rey. Vermutlich ist das die Tochter von Luke Skywalker, das weiß man noch nicht", erläuterte Delle Karth, dass der Name aus "Star Wars: Das Erwachen der Macht" herrührt. In ihren Reihen haben sie auch Daenerys (benannt nach einer Figur aus Game of Thrones) und Katniss (Hunger Games).

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