Zu hohe Geschwindigkeit: Darf mein Auto jetzt wirklich beschlagnahmt werden?

Zu hohe Geschwindigkeit: Darf mein Auto jetzt wirklich beschlagnahmt werden?
Ab heute gelten neue Regeln für Raser-Delikte. Was die Polizei in Zukunft darf und warum der ÖAMTC an der Wirksamkeit der Maßnahme zweifelt.

Mit der 34. Novelle der Straßenverkehrsordnung (StVO) kann ab Freitag bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung von über 80 km/h im Ortsgebiet und 90 km/h außerorts das Auto beschlagnahmt und infolge auch versteigert werden. Gibt es bereits eine einschlägige Vorstrafe, etwa durch die Teilnahme an illegalen Autorennen, sind Beschlagnahme und Verfall schon bei einer Überschreitung von mehr als 60 km/h innerorts und 70 km/h außerorts möglich, erinnerte der ÖAMTC.

Was, wenn das Auto nicht mir gehört?

Fährt der Raser ein Kfz, das nicht ihm selbst gehört, haben Exekutivorgane zukünftig die Möglichkeit, Fahrzeuge an Ort und Stelle für maximal 14 Tage vorläufig zu beschlagnahmen. In diesem Fall dürfen die Fahrzeuge dann aber nicht für verfallen erklärt und versteigert werden. Das gilt auch für Leasing- oder Mietautos. In solchen Fällen erfolgt dann im Führerschein des oder der Rasenden der Eintrag für ein lebenslanges Lenkverbot für das Fahrzeug. Der ÖAMTC bezweifelte indes die Wirksamkeit der Maßnahme und hat auch rechtliche Bedenken.

Extremes Rasen gefährdet auf unseren Straßen die Gesundheit und das Leben von unbeteiligten Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmern. Es gibt eine Geschwindigkeit, bei der wird das Auto zur Waffe. Wir setzen dem nun ein Ende und sorgen dafür, dass den Tätern ihre Tatwaffe in Zukunft sofort und dauerhaft aus der Hand genommen wird.

von Leonore Gewessler

Klimaschutzministerin

Bereits im Jahr 2021 hat die Bunderegierung mit dem ersten Raserpaket die Strafen für extremes Rasen deutlich erhöht. Nun folgt der letzte Teil des Maßnahmenpakets: Insbesondere sollen damit rücksichtlose Wiederholungstäter, die bewusst das Leben anderer Verkehrsteilnehmern aufs Spiel setzen, bestraft werden.

Schwere Vergehen werden härter bestraft

Konkret richtet sich das beschlossene Paket gegen schwere Vergehen und Geschwindigkeitsübertretungen von mehr als 60 km/h innerorts und 70 km/h außerhalb des Ortsgebiets. Wenn Einzelpersonen völlig unbelehrbar immer wieder mit stark überhöhter Geschwindigkeit unterwegs sind, kann nach der Beschlagnahme am Ende des Verfahrens die dauerhafte Abnahme und Versteigerung des Fahrzeugs zum Tragen kommen.

Wird die erlaubte Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet um mehr als 80 km/h oder außerhalb des Ortsgebiets um mehr als 90 km/h überschritten, kann die Behörde ein Verfallsverfahren gemäß Verwaltungsstrafgesetz auch schon beim ersten Mal einleiten.

Der ÖAMTC bezweifelt die Wirksamkeit der Maßnahme und hat auch rechtliche Bedenken: "Es gibt einerseits keine Studien, die besagen, dass härtere Strafen mehr abschrecken als niedrigere. Zudem sollten derart drastische Eingriffe in das Eigentum von Strafgerichten entschieden werden und nicht von Verwaltungsbehörden", erklärt ÖAMTC-Jurist Matthias Wolf. 

Ist das Raser Gesetz verfassungswidrig?

Zahlreiche Stellungnahmen von renommierten Rechtsprofessorinnen konstatieren dem Gesetz laut Wolf zudem grobe Mängel und sogar Verfassungswidrigkeit. "Für die Verkehrssicherheit wäre es schade, wenn das Gesetz schon beim ersten relevanten Anwendungsfall durch Anrufung der Höchstgerichte oder des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte wieder gekippt wird", so der ÖAMTC-Experte. 
Der Mobilitätsclub plädiert stattdessen für zielgerichtete Kontrollen, um die Wahrscheinlichkeit, erwischt zu werden, zu erhöhen.

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