Wiener Taxi-Obmann: „Es ist fast unmöglich, Gewinn zu machen“

Wiener Taxi-Obmann: „Es ist fast unmöglich, Gewinn zu machen“
Der Wiener Taxi-Obmann Leopold Kautzner über fehlende Stellplätze, niedrige Tarife und dringend notwendige E-Ladestationen.

Leopold Kautzner fuhr über 20 Jahre Taxi, seit zwei Jahren ist er Taxi-Obmann bei der Wirtschaftskammer Wien. Was die Branche gerade beschäftigt, warum weniger Lenker uns guttäten und der Umstieg zum Elektroauto das größte Problem ist.

KURIER: Was beschäftigt Sie als Obmann gerade?

Leopold Kautzner: Ich weiß nicht, womit ich mich nicht befassen muss. Das fängt bei Standplätzen an – wir haben 7.000 Taxis und 1.500 Aufstellplätze. Das sind Riesenprobleme, wenn Fahrer dorthin kommen, aber sich nirgends aufstellen können. Wir kämpfen um jeden Platz, sie werden uns aber immer mehr weggenommen oder in die Versenkung verschoben, was uns nichts bringt.

Taxi-Tarife blieben in Wien zwölf Jahre unangetastet. Im Juni 2023 kam die Erhöhung um 15,2 Prozent. War das ausreichend?

Nein. Jetzt haben wir zwar die Erhöhung bekommen, aber auch eine Erhöhung des Kollektivvertrags.

Die bei 10,3 Prozent liegt …

Ja. Wenn das nur der Lohn wäre, wäre das kein Problem. Aber die Lohnnebenkosten sind dadurch auch gestiegen und das trifft uns enorm. Nur die Lohnkosten für einen Lenker liegen bei ungefähr 36.000 Euro im Jahr. Ist er ein wirklich guter Taxifahrer, macht er um die 40.000 Euro, von diesen kommen zehn Prozent Umsatzsteuer weg. Dann kann man überlegen, was man alles machen muss, nur damit der Lohn gedeckt ist.

Wie viel Gewinn lässt sich realistisch erzielen?

Wir haben rund 60 Prozent EPU und die fahren höchstens um den Kollektivvertrag, obwohl sie selbstständig sind. Mit Lenker ist es fast schon unmöglich, Gewinn zu machen.

Business Gespräch: Leopold Kautzner

Ist nicht gerade ein Unwetter oder Silvester, wartet die Kundschaft kaum über drei Minuten auf ein Taxi, oder?

Das hält und ist zu viel. Es kann nicht sein, dass man in ganz Wien binnen drei Minuten ein Taxi bekommt. In anderen Großstädten ist das nicht so.

Sind wir verwöhnt?

Ich glaube schon.

Wann war die Hochzeit des Taxigeschäfts?

Das waren die 1970er und 80er-Jahre. Der Taxi-Anteil hat nicht erhöht werden dürfen, die Konzessionen waren begrenzt und dadurch hat jeder relativ gut verdient.

Und heute?

Wir haben circa 15.000 Konzessionen draußen. Wenn die Wiener Linien plötzlich den Betrieb einstellen würden, haben die 7.000 Taxis 14 Tage eine gute Zeit und dann werden wir 15.000 Taxis auf der Straße haben.

Mit dem Einzug von Anbietern wie Uber kam viel Bewegung und auch Unruhe in das Gewerbe. 2021 wurde deshalb das sogenannte Gelegenheitsverkehrsgesetz reformiert. Bedeutet, dass für alle dieselben Auflagen gelten und eben jetzt auch als Taxis ausgeschildert sind. Ist der Konkurrenzkampf jetzt Geschichte?

Ja, es müssen sich alle an dieselben Spielregeln halten.

Etwas, das manche eben nicht tun, hört man.

Das höre ich von Lenkern immer wieder, von Kunden haben wir fast keine Beschwerden.

  • 2,5 Millionen Fahrten absolvieren die 7.000 Wiener Taxis zirca im Monat
  • Die Qualität der Fahrzeuge lässt sich laut Kautzner deshalb schwieriger garantieren, weil zu viele Taxis unterwegs sind und Unternehmern zu wenig Gewinn überbleibt, um diesen in Autos zu investieren
  • Hamburg: Zum Standort-Vergleich nennt Kautzner gerne Hamburg. Die Einwohnerzahl ist mit Wien vergleichbar, jedoch wären dort nur 3.000 Taxis unterwegs. Deshalb würde jeder Fahrer mit 35.000 Euro Gewinn aussteigen 
     

Ab 2025 dürfen nur mehr Elektro-Taxis zugelassen werden. Wo stehen wir da?

Das ist eines der größten Probleme, das wir haben. Das Wiener Taxi hat vor 15 Jahren Euro 6 (Anm. Abgasnorm) eingeführt. Andere Bundesländer haben das erst voriges Jahr geschafft. Wir waren immer Vorreiter, aber es muss sich rechnen. Hier bin ich über die Stadt Wien sehr froh, weil sie uns eine Förderung von sieben Millionen zur Verfügung stellt. Doch die größere Herausforderung ist, dass es keine Ladeplätze gibt. Ich habe gesehen, dass Sie eine Ladestation vor dem KURIER mit 11 kW haben. Und jetzt stellen Sie sich vor, Sie müssten dort ein Taxi mit 80 kW laden. Das steht dann sieben Stunden still, wer zahlt diese Lohnkosten?

Ein Projekt ist, Standplätze mit Ladeplatten zu versehen. Wie läuft das?

Das ist jetzt in Betrieb, wir haben um die 35 Autos, die damit fahren. Für die Zukunft wäre es gut, wenn man am Standplatz laden kann, während man auf Kundschaft wartet. So weit ist es aber noch nicht.

Bis wann glauben Sie, wäre es realistisch, dass nur mehr E-Taxis auf der Straße sind?

Dann, wenn es leicht geht, zu laden. Viele kommen auf mich zu und fragen, ob sie sich jetzt ein Elektroauto kaufen sollen. Ich sag gar nichts mehr dazu – das soll jeder für sich selbst entscheiden. Die falsche Annahme war, zu glauben, dass jeder Taxi-Unternehmer ein Haus hat, wo er auch laden kann. Das ist nicht so. Die, die wirklich ein Haus haben, haben auch ein E-Auto. Über Nacht stecken sie es an, in der Früh fahren sie weg. Aber leider: Die meisten Lenker wohnen in Wohnungen. Und da gibt es nichts zum Laden.

Da ist also noch viel Aufholbedarf.

Ganz viel. Und ich würde mir wünschen, die Stadt sagt, wir verschieben das um ein Jahr, bis wir die Ladestationen haben.

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