Erster Alfa mit Stecker: So fährt sich der Tonale PHEV Q4
Seine Rolle ist klar umrissen. Der erste Alfa mit Stecker steht am Beginn der Transformation der Marke, die ab 2027 nur mehr rein elektrisch betriebene Modelle anbieten will. Und der Tonale - zumal als Topmodell mit Plug-in-Antrieb - soll kräftig dabei helfen, den Umbau zu finanzieren.
Wie gut die Chancen stehen, dass der Alfa Romeo unter den Kompakt-SUV dieser Welt zu einem Verkaufserfolg wird, konnte jetzt erstmals auch der Tonale PHEV Q4 zeigen, der im kommenden Jahr die bei uns bereits erhältlichen Versionen mit Vollhybrid-Antrieb ergänzen wird.
Zentraler Punkt für den neuen Alfa-Chef Jean-Philippe Imparato ist dabei die höchstmögliche Produkt-Qualität. Die er im Werk in Pomigliano bei Neapel mit zum Teil neuem Führungspersonal und akribischer Kontrolle erreichen will.
Zentraler Punkt für die Alfisti dieser Welt ist die Frage, ob sich ein SUV mit Plug-in-Hybrid auch wie ein Alfa Romeo fährt.
Beide Themen konnten jetzt bei einer ersten Ausfahrt mit dem Topmodell der Tonale-Reihe und einem Lokalaugenschein an seinem Entstehungsort vertieft werden.
Zu Punkt eins: Die präsentierten Qualitätskennzahlen sind ermutigend. Seit der Tonale im hochmodernen Werk in Pomgliano im Vollbetrieb produziert wird, liegt die Rücklaufquote - die über von Kunden bei Händlern urgierte Mängel Auskunft gibt - so nieder, wie noch bei keinem Produktionsanlauf bisher.
In 6,2 Sekunden auf Tempo 100
Wie es um Punkt zwei steht, musste ein Tonale Plug-in-Hybrid Q4 mit 280 PS Systemleistung und 6-Gang-Automatik auf den Straßen rund um den Vesuv zeigen. Erster Eindruck dabei: Wenn es draufankommt, lässt sich der Top-Tonale tatsächlich so rasant bewegen, wie sich das die Fans von einem echten Alfa erwarten. Steht der Fahrprogrammschalter auf D wie Dynamic und schieben beide Motoren (180-PS-Vierzylinder vorne / 90 kW-E-Motor hinten) gemeinsam an, lässt sich Tempo 100 aus dem Stand in nur 6,2 Sekunden erreichen.
Knackpunkt aller durch die zusätzliche Batterienlast beschwerten Teilzeit-Elektriker ist aber, wie sich das Zusatzgewicht auf die Fahrdynamik auswirkt, wenn es nicht mehr nur geradeaus geht. Und hier kann man dem Tonale PHEV das Kompliment machen, dass er das Beste aus der komplizierten Situation (Leergewicht über 1,8 Tonnen) macht. Die Balance aus sportlichem Anspruch und Fahrkomfort meistert er wie kaum ein vergleichbares Kompakt-SUV. Die Seitenneigung der Karosse hält sich in magenschonenden Grenzen, die Fahrwerksdämpfung kippt dennoch nie in jene steife Bockigkeit, mit der sich die meisten Konkurrenzmodelle aus der Affäre zu ziehen versuchen.
Ein spezielles Kapitel ist wie schon beim ersten Test des Hybrid-Tonale angemerkt die Lenkung. Deren Leichtgängigkeit (auch im Dynamik-Modus) tut zwar ihrer sehr guten Präzision und Agilität keinen Abbruch, dennoch würde man sich beim Top-Tonale zumindest im Dynamik-Modus etwas mehr Rückmeldung wünschen. Dass die Alfa-Entwickler das können, haben sie ja beim großen Bruder Stelvio eindrucksvoll bewiesen. Dessen Lenkung zählt nach wie vor zum Besten, was in dieser Kategorie Auto derzeit zu bekommen ist.
Elektrisch bergab mit konstant 50 km/h
Uneingeschränkt positiv hervorzuheben ist jedoch eine Spezialität des Plug-in-Tonale. Ist man im reinen Elektro-Modus unterwegs, merkt das System selbsttätig, wann es bergab geht und stärkere Rekuperation gefragt ist. Selbst wenn man zuvor im stromsparenden Segel-Modus dahingerollt ist, sorgt die Technik dafür, dass die Geschwindigkeit auf der Bergabpassage automatisch bei 50 km/h gehalten wird. Durch das Antippen des Brems- oder Gaspedals lässt sich das Tempo jederzeit an die Fahrsituation anpassen.
Apropos Elektro-Modus: Die 15,5-kWh-Batterie ermöglicht eine rein elektrische Reichweite von 69 km bis 82 km (WLTP-Normwert für gemischten bzw. Stadtbetrieb). Den Erfahrungen auf den ersten Testkilometern im Alltagsverkehr nach dürften im Normalfall über 50 km durchaus möglich sein. Was in der Praxis bei vollem Benzintank eine Gesamtreichweite von gut 600 km ergibt.
Aktiv geladen werden kann die Batterie sowohl in Fahrt durch den 1,3-l-Vierzylinder, als auch - sinnvoller - an der Steckdose. Dafür sollten zwischen 2,5 Stunden (7,4 kW Wallbox) und 6,5 Stunden (3,0 kW) einkalkuliert werden.
NFT-Technologie zur Dokumentation
Wichtig für Fuhrparkleiter und mögliche künftige Steuermodelle: Durch die beim Tonale erstmals weltweit eingesetzte NFT-Technologie (Non-Fungible Token) werden alle relevanten Daten des jeweiligen Fahrzeugs über den gesamten Lebenszyklus automatisch so aufgezeichnet, dass sie nur dem Besitzer zugänglich sind. Dazu zählt beim Plug-in-Hybrid auch die Dokumentation aller Ladezeiten und rein elektrisch zurückgelegten Kilometer.
Wie sich der durch das Zusammenspiel von Verbrenner und E-Motor generierte Q4-Allradantrieb im Winterbetrieb hält, werden künftige Tests im Schnee noch zeigen. Fest steht, dass im Normal-Modus beide Achsen nur anlassbezogen gleichzeitig angetrieben werden. Im Dynamik-Modus wird der Elektromotor hingegen permanent zugeschaltet. Dies auch dann, wenn etwa auf langen Bergauffahrten im Schnee der Stromvorrat in der Batterie zur Neige geht. In dem Fall springt der kombinierte Starter-Generator als Stromproduzent ein.
Der Alfa Romeo Tonale PHEV Q4 wird im Laufe des ersten Quartals 2023 zu haben sein. Die limitierte „Edizione Speciale“ kann bereits bestellt werden (52.500 €). Die Topversion Veloce startet bei 54.900 €.
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