Peinliche Modellbezeichnungen: „Für das Image eine Katastrophe“
Immer wieder sorgen Modellnamen für – mehr oder weniger peinlich berührte Schmunzler: Warum passieren hier selbst großen, weltweit tätigen Unternehmen solche Schnitzer? Und wer ist überhaupt für die Namensfindung zuständig?
Manfred Gotta war einer der ersten, der an die Bedeutung von artifiziellen, also kreierten und neuartigen Namen als entscheidendes Element hinwies. Anfangs belächelt, feierte sein Unternehmen später Erfolge: Es entstanden Namen wie Caliba, Kelts, Twingo, Mégane, Cayenne, Panamera, Actros oder Smart. Julian Gotta, heute Chief Operating Officer (C.O.O) von Gotta Brands erzählt im KURIER Interview, wie Automodelle zu ihren Bezeichnungen kommen.
KURIER: Autos und ihre Namen – warum ist dieses Thema so wichtig?
Julian Gotta: Autos sind das emotionalste Produkt, welches man kaufen kann: Es hat einen Hintern, Ohren, ein Gesicht und eine Seele. Es begleitet uns täglich und wird zu einem Freund - oder wenn man Pechhat zu einem anfälligen Begleiter. Wie bei einem Menschen muss der Name passen, sonst stimmt einfach das Gefühl nicht und eben grade das Gefühl entscheidet bei einem Auto extrem viel. Ganz abgesehen davon, dass es natürlich auch ein großer Unterscheidungsfaktor im Markt selbst ist.
Trotzdem passieren selbst Top-Unternehmen peinliche Schnitzer bei den Modellbezeichnungen. Warum? Grade im Automobilbereich werden mehrstellige Millionenbeträge in neue Fahrzeugentwicklungen gesteckt. Das bedeutet aber, dass man sich intern auf eine Projektbezeichnung einigt, damit man weiß, über was man spricht. Oft ist es leider so, dass sich durch ständiges „Name-dropping“ diese Bezeichnung so einprägt, dass sich intern niemand mehr einen anderen Namen vorstellen kann. Dann sind alle von der Bezeichnung begeistert und es können sich Fehler einschleichen. Man übersieht dann etwa, den Namen sprachlich in mehreren Ländern zu überprüfen. Im schlimmsten Fall ist der Modellname anzüglich oder beleidigend. Daher ist unsere Empfehlung, mit der Namensfindung immer so früh wie möglich zu beginnen. Am besten bereits dann, wenn die Idee zu einem neuen Modell steht.
Was ist Ihre persönliche Hit-Liste der peinlichsten Modellbezeichnungen?
Audi E-tron, denn étron bedeutet in Frankreich Kothaufen. Dann der Mitsubishi Pajero, denn Pajero hat in spanischer Sprache eine sexuell anzügliche Bedeutung. Und Ford Pinto: Pinto bedeutet in Südamerika Pimmel.
Wie kann man sich den Namensfindungs-Prozess für ein neues Modell vorstellen?
Grundsätzlich brauchen wir alle Infos über das Auto, was die geplante Positionierung ist und wir müssen das Auto sehen. Dann arbeiten wir intern an Namen, involvieren Freelancer und führen Gruppendiskussionen mit Verbrauchern durch. Die Auswahl der möglichen Namen durchlaufen dann eine Sprachuntersuchung für jene Länder, in denen in denen das neue Modell verkauft werden soll. Um noch feiner zu selektieren, recherchieren wir intern in vorhandenen Datenbanken und bei Google nach Trefferanzahl. Alle potenziellen Namen werden auch durch die Rechtsabteilung des Kunden überprüft. Danach bereiten wir die Präsentation vor: Neben den Infos über den Prozess visualisieren wir die Namen auf den bereits bestehenden Prototypen und begründen die Vorschläge, insbesondere unsere persönliche Präferenz.
Wer ist aller in den Prozess eingebunden?
Den größten Teil der Arbeit erledigen wir in unserem Büro. Wir konsultieren aber auch externere Kreative und arbeiten mit Computer Generierung. Hier „füttern“ wir unser Programm mit den entwickelten Namen, die bereits in die engere Auswahl gekommen sind. So bekommen wir noch andere Möglichkeiten aufgezeigt. Die Namen werden dann nochmal getrennt und durchmischt. Darüber hinaus führen wir Gruppendiskussionen durch, um spontane Akzeptanz, Assoziation und Merkfähigkeit zu prüfen.
Wer entscheidet letztlich über den Namen?
Der Kunde. Wir sprechen aber immer eine persönliche Empfehlung aus, diese entsteht fast zwangsläufig in dem ganzen Prozess. Hierfür gibt es nicht immer eine rationale Erklärung, man mag einen Namen eben ein kleines bisschen mehr, als die anderen.
Wie reagieren Unternehmen, wenn sich ein bereits kommunizierter Name als Fehlschlag erweist?
Da gibt es nur zwei Möglichkeiten: Entweder das Unternehmen zieht das durch, ignoriert den Fehler und versucht mit Optimierungen am Fahrzeug selbst etwas Positives zu erzeugen. Oder das Fahrzeug wird nach kurzer Zeit eingestellt.
Was kosten solche Fehler: Imagetechnisch, aber auch bezüglich Verkaufszahlen?
Ein bereits kommunizierter schlechter Name ist im Prinzip eine Katastrophe, weil er auf Anhieb kommentiert wird: Wie etwa bei dem Namen VW Phaethon, der in der griechischen Mythologie der Absturz des Sonnenwagens war. Das Schicksal des VW Phaeton war letztendlich ähnlich. Die Kosten für eine solchen Fehler sind bezüglich der Kaufzahlen schwer einzuschätzen, aber der Imageschaden ist natürlich enorm.
Welche Modellbezeichnungen halten Sie für gelungen? Was macht einen guten Modellnamen aus?
Als gelungene Autonamen sehen wir Taycan von Porsche, Polestar von Volvo oder auch Twingo von Renault. Ein guter Autoname zeichnet sich dadurch aus, dass er unverwechselbar ist und das Gefühl vermittelt, die Seele des Autos erfasst zu haben.
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