Neue Fahrzeugkategorie: Sind "Kei-Cars" eine Option für Europa?

Ein rosafarbener Nissan Sakura steht auf einer reflektierenden Oberfläche.
Während Japan seit Jahrzehnten auf "Kei-Cars" setzt, denkt Europa nun über eine ähnliche Mini-Klasse nach.

Eine neue Fahrzeugklasse könnte Europas E-Mobilität grundlegend verändern: sogenannte "Kei-Cars". Die Idee orientiert sich an Japans ultrakompakten Leichtfahrzeugen, die dort seit Jahrzehnten das Straßenbild prägen und als günstige, platzsparende Alltagslösung gelten. Auch in der EU wird über eine ähnliche Kategorie beraten, um besonders preiswerte, rein elektrische Kurzstreckenfahrzeuge zu ermöglichen – Zielmarke: unter 15.000 Euro. Darüber berichten der Focus sowie weitere europäische Medien. Damit würde neben klassischen Microcars und Kleinwagen eine zusätzliche, deutlich günstigere Mobilitätsstufe entstehen, die vor allem für Stadtverkehr, kurze Pendelstrecken und enge urbane Räume gedacht ist und das Thema Elektromobilität noch massentauglicher gestalten soll.

Was steckt dahinter?

Bei den Mini‑E-Autos handelt es sich nicht einfach nur um kleinere Stromer: Die geplante EU-Klasse soll Regulierungen lockern, insbesondere bei Sicherheitsnormen, damit Hersteller möglichst preiswerte Modelle bauen können. Renault etwa erwartet laut einer herstellerinternen Meldung durch weniger strenge Auflagen Einsparungen, die zu insgesamt günstigeren Endpreisen führen könnten. Laut Berichten des Focus strebt man eine Fahrzeuglänge von rund 3,50 bis 3,80 Metern bei einem Gewicht von unter einer Tonne an. Zwei Untergruppen sind ebenfalls im Gespräch: Eine reine Stadtversion mit rund 40 bis 50 PS und eine leicht stärkere Variante, die auch für Autobahnen geeignet wäre. Anders als die L6e- und L7e‑Modelle (Citroen Ami, Opel Rocks-e, Microlino) sollen die neuen Mini‑E-Autos höhere Reichweiten und erweiterten Alltagsnutzen bieten, ohne auf Minimaltechnik oder eingeschränkte Geschwindigkeiten angewiesen zu sein.

Der Vorschlag wird unter anderem vom Stellantis-Chef John Elkann und Renault-CEO François Provost unterstützt. Beide sehen in den Mini-Autos nicht nur eine urbane Lösung, sondern auch eine wirtschaftspolitisch sinnvolle Strategie, um bezahlbare Elektromobilität vollends in Europa zu verankern, berichtet Reuters.

Gleichzeitig bleibt eine große Herausforderung: Die europäische Gesetzgebung zu Sicherheits- und Crashanforderungen ist strenger als in Japan, wie Auto Motor und Sport berichtet. Experten des Mediums bezweifeln, dass sich kleine Elektroautos mit reduzierter Ausstattung wirtschaftlich sinnvoll produzieren lassen, wenn sie alle europäischen Sicherheitsvorgaben erfüllen müssen.

Neue Fahrzeugkategorie: Sind "Kei-Cars" eine Option für Europa?

Der Dacia Hipster kann als eines der ersten europäischen Kei-Cars betrachtet werden.

Suzuki Vision e-Sky

Der Suzuki Vision-e.

Honda N-ONE e

Der Honda N-One e.

Nissan Sakura mit Solardach

Der Nissan Sakura.

Neue Klasse, mögliche Modelle

Eine Auswahl an Modellen, die in die geplante europäische Kleinwagenklasse passen könnten: Suzuki präsentierte auf der diesjährigen Japan Mobility Show den Vision e-Sky, einen kompakten Elektro-Van mit 3,39 Metern Länge, vier Sitzplätzen, hoher Kopffreiheit und einer Reichweite von über 270 Kilometern. Dacia setzt mit dem Konzeptmodell Hipster als einer der ersten europäischen Hersteller auf ein Kei Car mit nur rund drei Metern Länge, vier Sitzen und etwa 150 Kilometern Reichweite. Honda plant den N‑One e, ein winziges EV mit rund 245 Kilometern Reichweite und Vehicle-to-Load-Funktion, während Nissan mit dem Sakura erst kürzlich einen weiteren Mini-Van in diesem Segment präsentierte.

Was sind Kei‑Cars?

Kei‑Cars (japanisch Keijidōsha, wörtlich "leichte Automobile") sind eine eigenständige und bedeutende Fahrzeugklasse in Japan. Im Land der aufgehenden Sonne gelten strenge technische Vorschriften für die Kategorie: Fahrzeuge dürfen maximal 3,40 Meter lang, 1,48 Meter breit und 2,00 Meter hoch sein. Der Hubraum von Verbrennungsmotoren ist auf 660 ccm begrenzt, und die Leistung darf einen bestimmten Grenzwert nicht überschreiten, typischerweise liegt dieser bei etwa 64 PS.

Kei‑Cars genießen in Japan bereits Steuervergünstigungen, niedrigere Versicherungsprämien, reduzierte Mautkosten und manchmal besondere Vorteile beim Parken. Weil sie kompakt und günstig im Unterhalt sind, sind sie besonders im Stadtverkehr beliebt. Tatsächlich machten Kei‑Cars 2023 knapp 40 Prozent der gesamten Pkw-Verkäufe in Japan aus, wie das Datenanalyse-Medium Inovev berichtet.

Auf dem Kei-Car Markt dominieren vor allem zwei Hersteller: Daihatsu und Suzuki. Bei den über 1,58 Millionen in diesem Segment verkauften Einheiten im Jahr 2023 entfielen rund 963.000 Fahrzeuge auf diese beiden Marken, also etwa 60 Prozent des Kei‑Car-Marktes, so Inovev weiter.

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