Ferrari 296 GTS: Ausfahrt mit dem Traum-Cabrio aus Maranello
Das Wetter meint es gut mit uns. Wir rollen über den Passo di Futa bei strahlendem Sonnenschein und schauen runter auf die Nebelfelder in den Niederungen der herbstlichen Toskana. Als wir Kurve um Kurve hinunterfahren, lösen sich auch die auf. Vielleicht weicht sogar der italienische Nebel voll Ehrfurcht, wenn man mit einem Ferrari ankommt.
Wir sitzen in einem Ferrari 296 GTS. Das ist die Open-air-Version des 296 GTB. Das Dach ist auf unserer Fahrt von Maranello in die Toskana natürlich die ganze Zeit geöffnet, auch wenn es anfangs in der Emilia Romagna auch schon frisch ist. GTS heißen traditionell die offenen Varianten eines Coupes bei Ferrari – so weit, so bekannt.
Elektrisch
Das Klangerlebnis ist aber gänzlich neu für einen Ferrari. Ein Druck auf den Startknopf und statt einem Ehrfurcht gebietendem Grollen eines V12 oder V8 hört man nichts. Und man hört auch nichts, wenn man losstartet. Der Ferrari ist nämlich ein Plug-in-Hybrid, hat eine 7,45-kWh-Batterie und einen Elektromotor. Damit fährt man bis zu 25 Kilometer weit elektrisch. Und so gleiten wir lautlos aus Maranello raus. Ein ungewohntes Gefühl – unsereins ist hier schon mit nervös grollenden V8- und V12-Zylinder-Ferraris gefahren, aber elektrisch noch nicht. Und dabei ist es nicht einmal unangenehm – vor allem, wenn man offen fährt und der dichte Frühverkehr ohnehin zu einer entspannten Gangart ermutigt.
Der Deckel für den Stromanschluss ist dezent in der Heckklappe integriert.
Die anerkennenden Blicke vom Straßenrand sind einem in diesem Auto sicher – egal, wie man fährt. Schön ist er ja, der Ferrari. Ein Brite aus dem Designteam erklärt uns, dass man sich für die Gestaltung des Hecks vom 250 LM von Anfang der 60er Jahre inspirieren ließ. Das Dach klappt natürlich auf Knopfdruck weg, das dauert 14 Sekunden und Ferrari gehört zu den Herstellern, die es schaffen, ein Cabrio mit Klapp-Hardtop offen und geschlossen atemberaubend schön dastehen zu lassen.
Raus aus der Stadt und bei den ersten Kurven Richtung Apennin treten wir aufs Gaspedal. Und dann erwacht der V6-Turbo mit einem brüllenden Getöse und (je nachdem wie heftig man das Gaspedal tritt) mit einem brachialen Schub. Andere Hersteller von Plug-in-Hybrid-Systemen geben sich redlich Mühe, den Übergang von elektrisch zum Verbrenner möglichst sanft zu gestalten, aber bei Ferrari gibt es keinen Zweifel daran, wann der Verbrenner angeht. Dass hier „nur“ ein V6 arbeitet, spielt weder vom Klang noch von den Fahrleistungen her eine Rolle. Die Entwickler haben sogar eine Verbindung von Motor- in den Fahrgastraum geschaffen, um die schöne Symphonie entsprechend ungefiltert zu übertragen. „Hot tube“ nennen die Entwickler das.
Anno 1957 hatte Piero Taruffi noch einen brüllenden V12 in seinem Ferrari, als er über den Futa-Pass zu seinem Sieg bei der Mille Miglia stürmte. Was er sich wohl gedacht hätte, wenn er gewusst hätte, dass 65 Jahre später ein Ferrari elektrisch hier drüberfährt? Den Elektrovorrat haben wir auf der Fahrt raus aus Maranello rasch aufgebraucht, aber nach einem Stück Autobahn hat der Hybrid wieder so emsig rekuperiert, dass wieder 13 Kilometer Elektroreichweite zur Verfügung stehen. Wir fahren wieder elektrisch durch die schöne Natur der Toskana und hören – wohl das erste Mal in einem offenen Ferrari – während der Fahrt die Vögel zwitschern. Einige Kilometer später sticht uns wieder der Hafer und es brüllt der V6 und wir hören es wieder Zwitschern, aber diesmal vom Turbo.
Arbeiten V6 und Elektromotor zusammen – was im sogenannten Qualifying-Modus erreicht wird - hat man eine Systemleistung von 830 PS. 663 PS kommen vom Verbrenner, 167 vom Elektromotor. Damit beschleunigt man in atemberaubenden 2,9 Sekunden auf 100 km/h.
Agil
Ebenso faszinierend wie die Leistungsentfaltung ist das Fahrverhalten des Ferrari. Die Lenkung arbeitet mit einer chirurgischen Präzision, ohne dabei aber nervös zu wirken und so nimmt der 296 Kurve um Kurve mit einer sagenhaften Agilität. Und das wunderbar abgestimmte Fahrwerk lässt sogar noch ausreichend Komfort übrig.
Die Fahrmodi lassen sich über das bekannte Manettino, ein von der Formel-1 inspirierter Drehschalter am Lenkrad einstellen, aber auch Ferrari hat sehr viele Knöpfe und Schalter rausgeworfen und das meiste lässt sich über kleine Touchpads im Lenkrad einstellen. Und das ist, sagen wir, gewöhnungsbedürftig. Auch die Arbeitsweise des Motors, wie "Qualifying" oder rein elektrisch, wird über so ein Mini-Touchpad gewählt. Die Anzeigen vor dem Fahrer sind digital und lassen diverse Darstellungen zu, je nachdem in welchem Fahrmodus man ist bzw. welche Darstellung man gerade dringend braucht (Navigation? Oder doch Drehzahl?).
Bleibt noch die Frage nach dem Preis. Dass der 296 GTS kein günstiges Auto ist, leuchtet ein. Was überrascht, ist der doch recht heftige Aufpreis zum GTB. Der kostet (noch) unter 300.000 Euro, der 296 GTS kommt bei uns auf 349.356 Euro.
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