Die unterschätzte Gefahr auf Landstraßen: Wie gefährlich sind Wildunfälle für Menschen?

Zusammenfassung
- Im Jagdjahr 2024/25 wurden in Österreich 65.011 Wildtiere bei Verkehrsunfällen getötet und 374 Personen verletzt, wobei die meisten Unfälle in Niederösterreich, Oberösterreich und der Steiermark stattfanden.
- Hauptursachen für Wildunfälle sind nichtangepasste Geschwindigkeit und Unachtsamkeit, besonders bei Dunkelheit und Dämmerung, weshalb Experten zu Abbremsen, Abblenden und keinem Ausweichen raten.
- Zunehmende menschliche Aktivitäten und Verbauung führen dazu, dass Wildtiere häufiger Straßen überqueren und das Risiko für Wildunfälle steigt.
Die Zahlen sind nicht erfreulich: Insgesamt 65.011 Wildtiere sind im Jagdjahr 2024/25 in Österreich dem Straßenverkehr zum Opfer gefallen. Im Vergleich zum Vorjahr ist das ein zwar Minus von sechs Prozent, dennoch wurden 2024 bei Wildunfällen 374 Personen verletzt und damit so viele wie zuletzt im Jahr 2019. Laut Kuratorium für Verkehrssicherheit (KFV) stirbt damit auf Österreichs Straßen zirka alle acht Minuten ein Wildtier und täglich wird dabei eine Person verletzt.
Wo gibt es meisten Wildunfälle?
Wie die Detailauswertung der Wildunfälle des Jagdjahres 2024/25 durch das KFV zeigt, ist der Artenreichtum der getöteten Wildtiere auf Österreichs Straßen groß. Allen voran wurden 36.637 Rehe, 16.797 Hasen und 4.442 Fasane getötet.
Die meisten Wildtiere wurden im Straßenverkehr im Bezirk Neusiedl am See getötet, gefolgt von den Bezirken Mistelbach und Amstetten. Die meisten Menschen wurden 2024 im Bezirk Amstetten bei Wildunfällen verletzt, gefolgt von den Bezirken Braunau, Südoststeiermark und Leibnitz. Unter den Bundesländern rangieren bei den getöteten Wildtieren Niederösterreich, gefolgt von Oberösterreich und Steiermark an den vordersten Stellen.

Fast 40 Prozent aller Wildunfälle ereignen sich aufgrund von nichtangepasster Geschwindigkeit und mehr als 50 Prozent aufgrund von Unachtsamkeit und Ablenkung.
Verhaltensregel: abbremsen, abblenden und keine Ausweichmanöver
„An trüben Herbsttagen ist besondere Vorsicht angesagt, denn durchschnittlich 47 Prozent der Wildunfälle mit Personenschaden ereignen sich bei Dunkelheit und elf Prozent bei Dämmerung“, erklärt Christian Schimanofsky, Direktor des Kuratoriums für Verkehrssicherheit (KFV). Bei einer Kollision mit einem wuchtigen Hirsch oder Reh ist die Gefahr besonders groß, dass dabei auch Personen in den Fahrzeugen zu Schaden kommen.
Sobald ein Tier vor einem auftaucht, empfiehlt der Experte daher wie folgt zu reagieren: „Sofort abbremsen, abblenden und eventuell mehrmals hupen, um das Wild aufzuschrecken und zur Flucht zu veranlassen“, so der Experte. Keinesfalls sollte man Ausweichmanöver einleiten, weil das zu Kollisionen mit dem Gegenverkehr oder mit Bäumen führen kann. Außerdem sind Wildtiere wie Reh- und Rotwild oft im Rudel unterwegs, weshalb man gleich mehreren Tieren ausweichen müsste.
Wildtiere bleiben beim Betreten der Straße instinktiv stehen
„Wer mit seinem Fahrzeug zu schnell unterwegs ist, hat selbst zu wenig Zeit zu reagieren und gibt dem Wild zugleich zu wenig Zeit zum Verlassen der Fahrbahn“, so Schimanofsky. Denn Fakt ist: Fast 40 Prozent aller Wildunfälle ereignen sich aufgrund von nichtangepasster Geschwindigkeit und mehr als 50 Prozent aufgrund von Unachtsamkeit und Ablenkung. Der KFV-Direktor verweist zudem auf den natürlichen Instinkt der Tiere. „Wildtiere bleiben beim Wechsel des Untergrundes – und damit auch beim Betreten einer Straße – erst einmal instinktiv stehen. Auch beim Blenden mit Scheinwerfern bleiben die Tiere vorerst instinktiv stehen, da sie durch das Licht faktisch blind und orientierungslos sind.“
Falls man trotz aller Vorsichtmaßnahmen mit einem Wildtier kollidiert, gilt es, richtig zu reagieren. Folgende 5 Schritte sind nötig:
- Stellen Sie das Fahrzeug möglichst abseits der Fahrbahn ab und schalten Sie die Warnblinkanlage ein
- Ziehen Sie Ihre Warnweste an
- Stellen Sie das Pannendreieck auf
- Falls Personen verletzt wurden, muss Erste Hilfe geleistet und die Rettung verständigt werden.
- Danach meldet man den Wildunfall der Polizei – und zwar auch dann, wenn keine Personen verletzt wurden und das angefahrene Wild flüchtig ist.
Menschen dringen immer stärker in die Lebensräume der Tiere vor
Aber nicht nur Fahrzeuglenkende können einiges zur Unfallprävention beitragen, wie Schimanofsky betont, sondern auch Personen, die abseits der gekennzeichneten Wege Schwammerl suchen, Mountainbiken, wandern oder mit freilaufenden Hunden unterwegs sind. Denn durch deren Aktivitäten in der Natur werden Wildtiere zur Flucht veranlasst und laufen dabei in weiterer Folge über die Straßen.
Auch das Fahren mit landwirtschaftlichen Fahrzeugen kann Wildtiere aufschrecken. Zudem betont der Verkehrssicherheitsexperte: „Aufgrund der immer stärkeren Verbauung, leben etliche Tiere auch in der Nähe von Siedlungen, was dazu führt, dass sich tagaktive Tiere anpassen und nachtaktiv werden. Das erhöht die Gefahr für Wildwechsel in der Nacht.“ Auch werden Autos immer geräuschärmer, wodurch diese vom Wild beim Überqueren von Straßen später bzw. zu spät wahrgenommen werden.
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