Automatisch zum Auto: Wie die Roboter im Kia-Werk ihre Arbeit machen

Automatisch zum Auto: Wie die Roboter im Kia-Werk ihre Arbeit machen
Bei Kia in Zilina arbeiten in zwei von drei Werkshallen nur noch Roboter. Gemeinsam mit den menschlichen Kollegen produzieren sie aus Blechen und Teilen Autos – eines in jeder Minute, Tag und Nacht
Automatisch zum Auto: Wie die Roboter im Kia-Werk ihre Arbeit machen

Sie schuften 24 Stunden am Tag, fünf Tage die Woche. Sie walzen, biegen und schweißen die Bleche, bauen die Karosserie zusammen, montieren Motor und Armaturenbrett exakt in Position. Die Windschutzscheibe wird sanft durch die Luft gehoben, der Kleber säuberlich aufgetragen – warten auf das nächste Auto, das über das Laufband kommt – dann setzen sie die Scheibe millimetergenau ein.

Und weiter geht es im Sekundentakt. Die Roboter werken unaufhörlich, werden nie müde, beschweren sich nie und werden auch nicht krank. Wenn man sie beim Arbeiten beobachtet, macht sich ein Mitleidsgefühl breit. Mitleid mit Robotern, weil man glaubt, dass sie mehr sind als nur Maschinen. Sie mit ihren Greifarmen und ihrem vielfältigen Tun lebendig wirken. Wie schuftende Ackergäule.

Mehr als 600 Roboter gibt es in der blitzsauberen Kia-Fabrik in Zilina. Das Werk ist hochautomatisiert, wurde 2004 nach modernsten Kriterien gebaut (und 2006 eröffnet), seither auch immer wieder erneuert. Es ist das einzige Werk, das Kia in Europa unterhält, weitere acht sind weltweit verteilt. Neben den Robotern arbeiten hier 3.700 Beschäftigte. Der Ort lebt gut mit dem Autoproduzenten. Kia setzt Akzente in der Stadtplanung, organisiert Feste, sogar koreanische Restaurants gibt es jetzt mehrere.

Die Roboter-Branche

Fabrikshallen, in denen man bei voller Produktion das Licht abdrehen kann: in der Autoindustrie ist das längst Realität. Über eine Million Roboter arbeiten aktuell in der Autoproduktion, so viele wie in keiner anderen Branche. Das entspricht in etwa einem Drittel der Gesamtzahl aller installierten Roboter über die verschiedenen Branchen hinweg, wie die International Federation of Robotics (IFR) berichtet. „Die Automobil-Industrie hat die automatisierte Fertigung praktisch erfunden“, sagt Marina Bill, IFR-Präsidentin. „Heute spielen Roboter beim Übergang von Verbrenner-Motoren zum E-Auto eine entscheidende Rolle. Die Automatisierung hilft den Herstellern, die großen Veränderungen in den seit langer Zeit etablierten Fertigungsmethoden bewältigen zu können.“

Der hohe Grad der Automatisierung hat auch Kia die Entscheidung erleichtert, sich in Europa anzusiedeln. 2,3 Milliarden Euro wurden hier investiert, heute laufen 65 Autos pro Stunde vom Band (mehr als eines pro Minute), die Modelle Sportage (SUV) und Ceed (Kompaktauto) werden in jeweils rund 16 Stunden und mit vier verschiedenen Motoren (3 Benziner, ein Diesel) gefertigt. Seit 2020 produziert man in Zilina auch Hybride, seit 2022 auch Plug-in-Hybride. Das Werk ist auf 350.000 Autos im Jahr ausgelegt, 2023 will man annähernd so viele auch tatsächlich produzieren. Abhängig ist das vom Bestellvolumen – geliefert wird in 84 Länder.

Alexander Struckl, Managing Director Kia Austria, betont im Gespräch mit dem KURIER den Wandel der Branche. Man gehe „jetzt aus dem öligen Geschäft in die saubere Zukunft“. 

In die Elektrozukunft
Als große Förderer der Elektromobilität sieht er Frauen. „Mit den E-Autos wird die technische Rolle des Mannes kleiner. Die Männer waren früher gefordert, beim Werken am Auto oder bei Pannen“, erklärt Struckl. Diese „Kompetenzfrage Motor“ falle mit den E-Autos weg, man wisse eigentlich gar nicht mehr, was drinnen ist – ähnlich wie bei Handys. „Das Auto wird mit den Elektromotoren zum Gerät, das alle gleich nützen“, sagt Struckl. Er orte, dass Frauen „proaktiv“ in Richtung Elektromobilität gehen. Da spielten die Null-Emission eine Rolle, und dass E-Autos keinen Lärm machen. Frauen würden das mögen.

Kritisch sieht er aktuell die Leistbarkeit von Elektroautos. Die Hersteller setzen auf  margenstarke, große (und damit teure) Autos, „da wird die Frage der Leistbarkeit für viele ein Thema“, so Struckl. Die Autobranche sieht Struckl trotz Wandels „als ertragreiche Industrie, die Erfolge und Chancen hat, wie jede andere Industrie auch. Nur in Österreich ist das Autobashing  besonders groß, das ist nicht  nachvollziehbar.“

3-Prozent-Marke
Kia selbst verkauft aktuell in Österreich 23 Prozent reine Elektroautos. Wobei es mit der angespannten Wirtschaftslage eine generelle Zurückhaltung beim Kauf von Autos gebe. „Manche verlängern ihre Leasingverträge, die Investition in ein neues Auto wird verschoben“. 

Angestrebter Marktanteil von Kia in Österreich für 2023: 3,7 Prozent. Die Modellpalette geht vom Kleinauto bis zum SUV, der Ceed (Kompaktklasse) sei nach wie vor der meistverkaufte Kia. Neu auf den Markt kommt bald der riesengroße und vollelektrische SUV EV9. Vom Kia-Hauptquartier  in Wien-Stadlau wird  die Marke, die 1995 nach Österreich gekommen ist, verwaltet. Das koreanische Unternehmen gibt es seit 1944, es ist   seit 1998 im Hyundai-Konzern angesiedelt.

Automatisch zum Auto: Wie die Roboter im Kia-Werk ihre Arbeit machen

Die Menschen am Werk

Die Produktionsbänder in Zilina laufen werktags rund um die Uhr, die Arbeiter – und durchaus viele Arbeiterinnen – sind in drei 8-Stunden-Schichten tätig. Während es im Presswerk in Halle 1 und im Karosseriewerk in Halle 2 fast nur noch Roboter gibt, arbeiten in Halle 3 die Menschen: in der finalen Montage braucht es echte Hände. Etwa fünf Handgriffe erledigt ein Mitarbeiter, immer die gleichen, während der gesamten Schicht. Für die 20-minütige Essenspause ertönt ein Gong, dann stoppen die Förderbänder, die Leute laufen in ihre Auszeit. Die Roboter in Halle 1 und Halle 2 – sie haben keinen Gong.

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