Wie sich der elektrische Nissan Ariya in der Praxis hält

dsc_4462.jpg
Womit der Finalist der Wahl zum "Car of the Year 2023" überzeugen kann - und wo er sich selbst etwas im Weg steht

Den ersten Lorbeer hat Allianzpartner Renault mit dem Megane e-Tech geerntet. Später als geplant – der Chipkrise und Corona geschuldet – kann nun auch Nissan zeigen, was man aus der gemeinsam entwickelten CMF-EV-Plattform alles machen kann.

Im Fall der Japaner ist das ein elegantes Elektro-SUV mittlerer Größe (4,59 m lang) mit einer Interieur-Gestaltung, die ganz bewusst auf Reduzierung setzt. Und sich dabei in manchen Punkten selbst etwas im Weg steht. Aber dazu später.


 

dsc_4473.jpg

dsc_4493.jpg

dsc_4498.jpg

dsc_4496.jpg

dsc_4504.jpg

dsc_4506.jpg

dsc_4507.jpg

dsc_4476.jpg

Wie sich der elektrische Nissan Ariya in der Praxis hält

Zunächst sei festgehalten, wie sich der neue Nissan Ariya in der Fahrpraxis behaupten kann. Im vorliegenden Fall ein Ariya mit Frontantrieb in der Ausstattung Evolve Pack und der Kombination aus einem E-Motor mit 178 kW (242 PS) Leistung und einer Hochvolt-Batterie mit 87 kWh.

Was nach den positiven Erfahrungen mit dem kleineren Renault Megane e-Tech schon zu vermuten war, zeigt sich auch im Fahrbetrieb mit dem Nissan Ariya. Obwohl mehr Masse (Leergewicht 2.055 kg) und ein großer Aufbau (Fahrzeughöhe 1,66 m) bewegt wird, zeigen sich die Vorteile der neuen Plattform auch hier sehr schnell. Die besonders flache Batterie lässt viel Platz für Passagiere und Kofferraum, und die effiziente E-Maschine knausert mit dem von ihr verbratenen Strom, ohne bei den Fahrleistungen große Kompromisse einzufordern. Dafür, dass dies in beachtliche Praxisreichweiten umsetzbar ist, sorgt auch die gute Aerodynamik der Karosserie. Bei der man dennoch – den Designern sei Dank – auf Experimente mit Großteils unhandlichen ausfahrbaren Türgriffen verzichtet hat.

Beachtlicher Verbrauchs-Schnitt

Wie der Test bei Spätherbst-Temperaturen über knapp 1.000 km im gemischten Betrieb (Stadtverkehr, Landstraßen, Autobahn-Langstrecke) gezeigt hat, ist der akademische Normverbrauchswert von 18,5 kWh / 100 km keineswegs aus der Luft gegriffen. Der echte Testschnitt über die gesamte Strecke lag letztlich bei 20,9 kWh. Die Fahrt von Kärnten nach Wien via Neumarkt und Semmering absolvierte der Ariya aber mit einem Schnitt von 18,6 kWh. Im Economy-Modus unter Ausnützung der Segel-Funktion (Schwungnutzung statt Rekuperation) waren auch Schnitte mit 17 vor dem Komma möglich, ohne zum Verkehrshindernis zu werden.

In Reichweite übersetzt bedeutet das einen Praxiswert von rund 400 km bei vollgeladener Batterie auf der Langstrecke. Wobei der Bordcomputer bei eingegebenem Navi-Ziel in dieser Entfernung selbsttätig den zeitlich günstigsten Ladestopp entlang der Strecke vorschlägt, um nicht mit den letzten Stromresten in der Batterie im Ziel einlaufen zu müssen.

Kann der Ariya also in dieser Kerndisziplin jedes E-Autos (Verbrauch / Reichweite) eindeutig punkten, so macht er auch im Kapitel Fahrdynamik keine schlechte Figur. Ausgelegt als komfortables, geräumiges SUV ist er ja nicht als Kurvenräuber gedacht. Notfalls lässt er sich aber dennoch spurtreu und flott um Kurven ziehen, wenn eine gewisse Karosserieneigung in Kauf genommen wird.

Zum Thema Rekuperation reicht die Bandbreite vom bereits erwähnten Segeln über zwei unterschiedlich starke, via Wählhebel aktivierbare automatische Abstufungen (D / B) bis zum Ein-Pedal-Fahren, das per Knopfdruck extra aktivierbar ist.

Schönheit muss leiden

Womit wir bei der Bedienbarkeit wären. Diese tritt in der Praxis da und dort leider etwas in den Hintergrund und lässt der zugegeben tollen Optik des Interieurs den Vortritt. Motto: Schönheit muss leiden.

So wirken die vollkommen eben in die Oberfläche integrierten Tasten auf der Mittelkonsole neben dem Schaltknauf zwar sehr elegant, sind aber rein haptisch nicht zu lokalisieren. Was etwa zur Änderung des Fahrmodus einen von der Straße ablenkenden Blick nach unten erfordert, um den richtigen Taster zu treffen.

Gleiches gilt, soll etwa während der Fahrt das mittlere Ablagefach unter dem Armaturenträger geöffnet werden. Das schwingt nämlich nur auf Knopfdruck elektrisch betrieben auf, was gerade in einem um jedes Watt Verbrauch ringenden E-Auto schon hinterfragenswert genug scheint. Dass die beiden Taster dafür wenig griffgünstig ebenfalls in die Mittelauflage neben dem Schalthebel eingelassen sind, macht die Sache nicht besser.

So sehr die Gestalter des Innenraums im Bestreben um coole Eleganz an schnöder Praktikabilität vorbeigeschrammt sind, so viel haben sie sich zu diesem Punkt bei der Gestaltung des Kofferraums überlegt. Nicht nur, dass das leidige Thema Unterbringung des Ladekabels mit platzsparenden Seitenfächern effizient gelöst wurde. Der Kniff, den Kofferraumboden mit zwei Deckeln zu versehen, schafft die willkommene Möglichkeit, die Ladefläche mit einem Handgriff zu teilen, um kleineres Stückgut vorm Verrutschen zu sichern.

Unterm Strich zeigt sich der Nissan Ariya als ein modernes Elektro-SUV der fescheren Art, das sich technisch auf der Höhe der Zeit präsentiert und mit ansehnlichen Verbrauchswerten angesichts des Gebotenen punkten kann.

Zu haben ist der Nissan Ariya bei uns ab 57.000 €.(160 kW / 218 PS, Batterie 63 kW/h).  Der Einstandspreis für die getestete Variante (178 kW / 242 PS, Batterie 87 kW/h) liegt bei 67.500 €. Für die Ausstattungsvariante Evolve Pack werden zusätzlich 4.500 € fällig.

Kommentare