Zum 1. Mai: Hört die Signale!
Eigentlich erstaunlich, dass die Feierlichkeiten zum Tag der Arbeit von der UNESCO noch nicht zum Weltkulturerbe erhoben wurden. Denn in dieser Form gibt es sie vor allem in Wien: Von der Tribüne winken jene, die seit 100 Jahren die Stadt regieren, klassenkämpferisch mit roten Taschentüchern – und unten ziehen (u. a.) Primarärzte im weißen Kittel vorbei, um für mehr Gerechtigkeit zu demonstrieren. Diesmal wird man wohl die Sozialpartnerschaft beschwören und den türkis-blauen Teufel an die Wand malen.
Aber noch jammern wir hier auf hohem Niveau – mit einem gut gepolsterten Sozialsystem und florierender Wirtschaft. Aber es gäbe da ein paar wirklich große Themen zu besprechen: Die Grenzen zwischen selbstständiger und unselbstständiger Arbeit verschwimmen, daher sind vielleicht auch die Vertretungen nicht mehr ganz zeitgemäß. Die Wirtschaft sucht dringend Fachkräfte, doch ins Land kamen in den vergangenen Jahren eher Unqualifizierte, für die im Zeitalter von Digitalisierung und Robotik die (angestellte) Arbeit ausgeht. Für sie werden wir künftig mehr Kombilohnmodelle brauchen, denn zur Würde des Menschen gehört nicht nur Mindestsicherung, sondern auch Arbeit. Globale Internetriesen wiederum sollten „gerechte“ Steuern zahlen (ein schwieriges EU-Projekt) – derzeit quetscht man mittlere und kleine Unternehmen so erbarmungslos aus, dass hier ein neues Prekariat entstanden ist, für das niemand Fahnen schwingt.
Die gute Seite unseres Zeitalters: Körperlich anstrengende Jobs mit hoher Unfallgefahr gibt es immer weniger (was für einen späteren Pensionsantritt spricht). Fertigung, die wegen niedriger Lohnkosten nach China, Indien und Kambodscha ausgelagert wurde, kehrt wieder zurück, und damit hoffentlich auch die Wertschöpfung. Hören wir doch auf, in Feiertagsreden so zu tun, als befänden wir uns noch im Zeitalter der Dampfmaschine. Es ist eigentlich gar nicht so schwer: „Hört die Signale“!
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