Wo sind die Patrioten geblieben?
Rot-weiß-rote Bekundungen konnte ich an einer Hand abzählen.
Diese Frage hat sich mir gestellt, als ich am 26. Oktober von St. Pölten über die Bundesstraße durch unzählige Dörfer nach Wien zum Heldenplatz gefahren bin. Rot-weiß-rote Bekundungen zum geliebten Vaterland – eine Hommage an die Generationen vor uns, konnte ich dabei an einer Hand abzählen.
Was ist los mit dem typischen Österreicher, der um sein "hart erarbeitetes" Grundstück Zäune zieht und meterhohe Thujen pflanzt, die er akribisch mit der "Nagelschere" schneidet, um sich vorm "Bösen" da draußen zu schützen?
Der in "Rambo"-Manier über den Heldenplatz flaniert und alles, was von unserem Bundesheer geboten wird, "super leiwand" findet, gleichzeitig aber seinem Junior mit Vehemenz eintrichtert, zu gegebener Stunde "untauglich" zu sein, weil "zu so einer unnötigen Truppe, nein Karli, da musst noch dünner werden, damit sie dich ja nicht nehmen. Wäre ja noch schöner, wenn du da dein Bett selber richten und unnötigen Befehlen gehorchen müsstest."
Sinnfrage
Stellt sich mir die Frage, wer dann unsere von Mauern umgebenen "Festungen" beschützt, oder uns ausbuddelt, wenn sich Muren oder Hochwasser wieder mal den Weg durch unsere Schlafzimmer bahnen und wer die Brücken baut, über die wir am Sonntag mit einem stolzen Lächeln spazieren und dabei die Pioniere loben? Sehen wir den 26. Oktober nur mehr als "neutralen" FREI-tag, als ein verlängertes Wochenende, an dem wir dem Bundespräsidenten die Hand schütteln und Selfies mit ihm machen, ohne aber zu wissen, warum der da überhaupt steht?
"Lernen Sie Geschichte", brummte einst ein Staatsmann ärgerlich, der in diesem Moment argumentativ selbst ins Schwitzen geraten war. Nun, sachliche Argumente könnten wir heute auch gut gebrauchen. Als Patrioten identifizieren wir uns einerseits mit dem eigenen Land und Volk, ohne aber dieses über andere stellen und andere Völker dabei abwerten oder gar ausgrenzen zu wollen.
Als Europäer steht es uns aber auch zu, die Union zu schützen, denn sonst wird – wie es auch unser Außenminister Sebastian Kurz formulierte, "die Idee einer EU mit offenen Grenzen innerhalb dieses Europas wohl bald zusammenbrechen". Und es mag zwar hart klingen, wenn Innenministerin Mikl-Leitner meint, "Wir müssen an einer Festung Europa bauen", aber es wird wohl notwendig sein, um einen kontrollierten Zugang sicherzustellen.
In der Bevölkerung hört man vermehrt Fragen, wie: "was würden ,DIE‘ wohl mit uns machen, wenn wir unidentifiziert in ,deren‘ Land ,marschieren‘ würden, am Hauptplatz von Damaskus ,Asyl‘ rufen oder uns über den Zustand der Toiletten beschweren würden ..."
Nun, ich wünsche uns allen, besonders der Politik – und ich zitiere hier den Thüringer Helmut Glaßl – "den Spagat zwischen Wünschenswertem und Machbarem" schon bald "zu lernen", zumal es bereits nach zwölf ist ...
Dr. Harry Gangl ist Publizist und Politologe,Kaukasus- und Osteuropa-Experte
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