Fußball-WM auf drei Kontinenten: Der Sport hat nichts gelernt

Fußball-Weltmeister Lionel Messi
Es ist jetzt also tatsächlich so weit gekommen, dass Fußballer Gefahr laufen, während einer Weltmeisterschaft einen Jetlag zu erleiden. Kicker, die von Flugangst geplagt sind, haben ohnehin kein Leiberl mehr.
Schon bei der anstehenden WM 2026, die in Mexiko, den USA und in Kanada stattfindet, wird jeder Spieler mehr Zeit im Flieger verbringen, als auf dem Fußballfeld.
➤ Mehr dazu hier: Die Fußball-WM 2030 streckt sich von Argentinien bis Spanien
Seit Mittwoch ist nun bekannt, dass sich die Endrunde 2030 dann gar über drei Kontinente (Afrika, Europa, Südamerika) und sechs Länder (Marokko, Spanien, Portugal, Argentinien, Uruguay, Paraguay) erstrecken wird.

KURIER-Redakteur Christoph Geiler
Jetzt wird dem Sport ja gerne nachgesagt, dass er Ländergrenzen überwinden kann, im besten Falle auch politische Barrieren und Vorurteile, doch die Entwicklungen der vergangenen Jahre sind vor allem eines: grenzwertig.
Steht wirklich noch der Sport im Mittelpunkt? Geht es tatsächlich noch um die wichtigste Nebensache der Welt oder auch den oft zitierten olympischen Spirit? Oder dienen die Sporthelden von heute längst nicht nur mehr als Schau-Spieler auf einer Bühne, die immer größeren Wert auf Inszenierung legt als auf Inhalte?
Die Vergabe von Olympischen Spielen nach China (2008/2022); die Fußball-WM in Russland (2018), als Moskau bereits Teile der Ukraine und die Krim annektiert hatte; die Fußball-WM im Winter in Katar (2022) – all diese Ereignisse , die aus rein sportlicher Sicht zweifelsohne hochwertig waren, haben den Boden bereitet für dieses närrische Treiben, das seit einiger Zeit im Namen des Sports zu beobachten ist.
Dass auf die Fußball-Fans gepfiffen wird, wenn die WM-Partien quer über den Globus verteilt sind, ist das eine. Dass ein großer Sportverband wie die FIFA den Umweltgedanken mit Füßen tritt und seiner Vorbildfunktion nicht nachkommt, ist der eigentliche Offenbarungseid. Ökologisch gesehen ist eine Fußball-WM verteilt über ganz Nord- und halb Mittelamerika oder gar auf drei Kontinenten ein Wahnsinn.
Erstaunlicherweise rühmen sich gerade diese Verbände dann immer für ihre Nachhaltigkeit. Schlag nach beim Weltskiverband FIS, dessen Präsident zwar immer auf den ökologischen Fußabdruck und ein Regenwaldprojekt verweist, die Skifahrer in der neuen Saison aber wieder zwei Mal nach Nordamerika jetten lässt.
Die Frage ist: Was kommt als nächstes? Welche tollkühnen Ideen fallen den Spielmachern in den Funktionärsbüros als nächstes ein? Winterspiele im Hochsommer? Skirennen in der Halle? Eine Fußball-WM auf Venus, Jupiter und dem Mars, wie in den Sozialen Medien zynisch zu lesen war?
Nach der umstrittenen Fußball-WM in Katar steht wohl ein weiteres Turnier in einem Golfstaat an. Saudi-Arabien wird sich um die Ausrichtung der Endrunde 2034 bewerben. Riad wolle ein "Weltklasse-Turnier veranstalten", teilte der saudi-arabische Verband am Mittwoch nur Minuten nach der Vergabe der WM 2030 mit. Man wolle sich "vom anhaltenden sozialen und wirtschaftlichen Wandel Saudi-Arabiens und der tief verwurzelten Leidenschaft des Landes für Fußball inspirieren lassen".
Unterdessen kündigte die asiatische Konföderation AFC bereits Unterstützung für die Bewerbung Saudi-Arabiens an. "Die gesamte asiatische Fußballfamilie wird gemeinsam die bedeutsame Initiative des Königreichs Saudi-Arabien unterstützen, und wir sind bestrebt, eng mit der globalen Fußballfamilie zusammenzuarbeiten, um ihren Erfolg sicherzustellen", wurde AFC-Präsident Scheich Salman bin Ibrahim Al Chalifa in einer Mitteilung zitiert.
Was sicher kommen wird, ist eine weitere Fußball-WM im Winter. 2034 in Saudi Arabien. Wenige Minuten, nachdem die FIFA die Pläne für die Endrunde 2030 publik gemacht hatte, gab der Fußballverband des Königsreichs bekannt, die WM 2034 austragen zu wollen.
Das kann natürlich nur ein dummer zeitlicher Zufall gewesen sein. Genauso wie der Umstand, dass es die FIFA plötzlich ganz eilig hat und Bewerbungen für die WM 2034 nur bis zum 31.Oktober zulässt. Wahrscheinlicher ist freilich, dass das Spiel im Hintergrund längst schon gelaufen ist und der Ball 2034 in Saudi Arabien rollen wird.
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