Über die Ursachen der anhaltend hohen Inflation kann man vortrefflich streiten – Stichwort Gießkannenpolitik oder Lohn-Preis-Spirale. Dasselbe gilt für Lösungsansätze. Die viel diskutierten Preisdeckel auf alle möglichen Waren und Dienstleitungen gibt es schon seit fast 2.000 Jahren. Im Jahr 301 etwa deckelten die Römer die Preise für mehr als 1.000 Produkte. Das führte zu einer Verknappung des Angebots bei gleichzeitig blühendem Schwarzmarkt.
Die EZB hat sich selbst in die Zwickmühle manövriert
Heute ist die Ökonomie komplexer als in der antiken Feudalwirtschaft und Preisdeckel ergeben für kurze Zeit und klug eingesetzt sicher einen Sinn. Aber sie packen das Problem nicht an der Wurzel, sondern schieben es nur vor sich her.
Wie komplex die Inflationsbekämpfung inzwischen geworden ist, zeigt die Unsicherheit in der Chefetage der Europäischen Zentralbank. Denn im Euro-Raum stagniert die Inflation bei 5,3 Prozent. Keine gute Nachricht. Man hatte einen Rückgang erwartet.
Die EZB hat die Zinsen in neun aufeinanderfolgenden Sitzungen angehoben. Der Leitzins liegt nun bei 4,25 Prozent. Jetzt geht es den obersten Währungshütern wie dem griechischen Sagenhelden Odysseus zwischen den beiden See-Monstern Skylla und Charybdis. Egal, welche Entscheidung sie treffen, es kann nur die falsche sein. Dreht die EZB weiter an der Zinsschraube, würgt sie die Konjunktur zu sehr ab. Macht sie nichts, bleibt die Inflation hoch.
Die Vielzahl an Gegensätzen und Relativierungen erschwert die Prognose über das weitere Vorgehen. Das sagte am Donnerstag EZB-Direktorin Isabel Schnabel. Man könne nicht vorhersagen, „wo der Zinsgipfel liegen wird oder wie lange die Zinsen auf einem restriktiven Niveau gehalten werden müssen.“
Was also tun? Erstens: Das Wichtigste ist jetzt, nicht in Hysterie zu verfallen. Psychologie ist bekanntlich die halbe Wirtschaft. Gebannt auf monatliche Daten zu starren, bringt nichts. Zweitens: Es ist Zeit, der Wahrheit ins Gesicht zu blicken. Und die lautet: Die eine supertolle Lösung gibt es nicht. Sonst wäre sie ja längst umgesetzt. Drittens und Fazit: Die hohe Inflation ist gekommen, um zu bleiben. Wir werden lernen müssen, mit ihr zu leben.
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