Österreichs Sozialdemokratie hat unweigerlich eine Grundsatzdebatte vor sich. Doch an deren Anfang sollte ein Bekenntnis stehen: Wir sind bereit, klare Antworten zu geben, auf all die drängenden Fragen, die sich vor den altersschwachen westlichen Wohlfahrtsstaaten auftürmen. Und wir werden diese klaren Antworten entschlossen vertreten.
Der Sozialdemokrat Franz Vranitzky soll einst gescherzt haben, dass jemand, der Visionen habe, einen Arzt brauche. Damit wären die Sozialdemokraten jetzt wohl schlecht beraten. Sie brauchen diese Visionen, statt politischer Leerformeln, mit denen Pamela Rendi-Wagner große Teile ihrer Amtszeit als Parteichefin vergeudet hat.
Bewegung für Zuwanderer
So war die Sozialdemokratie immer eine Bewegung, die Zuwanderer angesprochen hat – und sie hat deren Integration in die Gesellschaft forciert, nicht deren Verharren in einer sozialen Wartehalle am Rand der Gesellschaft. Die Sozialdemokratie hat immer für Arbeitszeitverkürzung gekämpft, und zwar gegen die Gegenwehr der Unternehmer, die einst auch den Achtstunden-Tag für verrückt erklärten.
Wie diese Grundsatzpositionen in die Realität umzusetzen sind, ist eine Frage des politischen Handwerks. Man wird sehen, wie weit Costa seine Viertagewoche vorantreiben kann, Frederiksen hat einige ihrer Positionen inzwischen gelockert.
Politischer Raum
Doch zu Beginn standen bei beiden klar formulierte, mutig vertretene politische Credos, die populistischen Querschüssen und Umfragetiefs standhielten. Die muss sich die Sozialdemokratie erarbeiten . Man kann über Positionen diskutieren – und es gibt genug politischen Raum dafür. Sozialdemokratie hat sich immer zwischen der politischen Mitte und klarer linker Ideologie bewegt und kann das auch heute tun.
Man sollte die Anziehungskraft, die klare Positionen auf Wähler ausüben, nicht unterschätzen und sich dabei von anfänglichem Missmut und Zweifeln nicht irritieren lassen. Also Bruno Kreisky mit seinen Visionen die politische Bühne betrat, gab es in der eigenen Partei viele, die diesen Ideen kein langes Leben zutrauten. Sie standen am Anfang der längsten Regierungszeit der Sozialdemokraten in der Zweiten Republik.
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