Bis sie dort sind, gehen Corona-Leugner und Impfgegner auf die Straße und haben auch nichts dagegen, wenn sie von „Querdenkern“, verhaltensauffälligen Klerikalen, linken Chaoten und rechten Verschwörungstheoretikern begleitet werden: Hauptsache dagegen, unter dem Deckmantel von „Freiheit, Freiheit“, in Frankreich, in Italien, in den Niederlanden – Lust an Chaos und Anarchie stacheln einander grenzüberschreitend an. Und schließen Ratio oder Kopfarbeit aus.
Weil sonst dürfte man die Krakeeler schon fragen: Was für eine „Freiheit“ ist gemeint? Die Freiheit, sich selbst und vor allem alle anderen letztlich der Freiheit zu berauben?
Es haben schon jene, die sich in den vergangenen eineinhalb Jahren nicht an Maßnahmen im Kampf gegen das Virus gehalten haben, die Garagenparty/Großhochzeits/ Freikirchen-Feierer, mit dafür gesorgt, dass in der Folge Verschärfungen und Lockdowns das öffentliche Leben abgewürgt haben. Mit allen Folgen für Wirtschaft und Psyche. („Mit dafür gesorgt“, weil eine überwiegend orientierungslose Politik das Ihrige dazu getan hat.) Aber gibt es nur die Freiheit, die man sich nimmt? Endet sie nicht dort – einer der Grundsätze des Zusammenlebens –, wo sie die des anderen einschränkt? Oder, wie es Frankreichs Präsident Emmanuel Macron formulierte: „Die Freiheit, bei der ich niemandem etwas schuldig bin, gibt es nicht.“
Einer, der sich im Gegensatz zu der „Freiheit“ rufenden Ich-Gesellschaft mit Freiheit auskennt – weil er sie lange missen musste –, ist der frühere DDR-Epidemiologe Siegwart Bigl, der in der Zeit schreibt: Ja, es wäre ein Eingriff in die Freiheit, wenn sich jeder immunisieren lassen müsste, aber es würde viel neue Freiheit bringen.
Anders ausgedrückt: Solidarität führt zu Freiheit; Egoismus zum Gegenteil. Wer sich nicht impfen lassen will, muss eben auf andere Art Solidarität üben (für Tests zahlen, zu Hause bleiben). Proteste jedenfalls besiegen das Virus nicht.
Kommentare