Geht's auch ohne Blutbad?

Ricardo Peyerl

Ricardo Peyerl

Geht's auch ohne Blutbad?

von Ricardo Peyerl

über den WEGA-Einsatz mit Todesfolge in Wien

Als im März vergangenen Jahres eine unter Verfolgungswahn leidende Frau in ihrer Wohnung von neun Schüssen eines Streifenpolizisten getroffen wurde, kam (auch an dieser Stelle) sofort die berechtigte Kritik auf: Warum hat der Beamte nicht auf die für solche Einsätze geschulte Alarmabteilung gewartet?

Diesmal rückte lehrbuchmäßig die WEGA aus. Und was machte sie anders? Acht Mann stürmten die Wohnung, vier Beamte zogen – keinen Taser – ihre Dienstpistolen und feuerten aus allen Rohren. Hier wie dort war ein (im aktuellen Fall tödliches) Blutbad die Folge.

Daher muss die Frage erlaubt sein: Bekommen die das mitsamt ihrer Spezialisierung und ihrem schon vor Jahren groß angekündigten unaussprechlichen Waffengebrauchsanalyseverfahren (WGAV) nicht anders hin?

Zumindest eine Erkenntnis müsste sich bis dorthin schon herumgesprochen haben: Österreichs Exekutive schießt vergleichsweise schnell. In Deutschland (zehn Mal so viele Einwohner) geben Polizisten bei Einsätzen im Jahr rund 110 Schüsse ab, das toppen wir locker.

Was noch auffällt: In vielen Fällen – wie auch in diesem – handelt es sich bei den von Polizisten Angeschossenen um amtsbekannte, psychisch problematische Personen. Die Exekutive müsste also im Vorfeld darauf vorbereitet sein, was für ein brenzliges Szenario sie erwartet. Die Gerichtspsychiaterin Sigrun Roßmanith warnt seit Jahren davor, dass Menschen mit offensichtlichem Gefährdungspotenzial so lange nicht wahrgenommen und behandelt werden, bis die absehbare Katastrophe passiert.

Kommentare