Karl-Heinz Grasser: Bei einem österreichischen Teenager löst dieser Name kaum Erinnerungen oder Emotionen aus – wie sollte er auch?
Als die Justiz in der BUWOG-Affäre zu ermitteln begann, waren die heute 16-Jährigen noch nicht einmal in der Volksschule.
Bis heute gibt es gegen Grasser kein rechtskräftiges Urteil (siehe Seite 3), und man muss sich die verstrichene Zeit mit dem Bild eines heranwachsenden Erstwählers vor Augen führen. Denn es ist schlichtweg indiskutabel, wenn Betroffene – mögen sie Grasser, Mayer oder sonst wie heißen – selbst nach 14 Jahren nicht wissen, ob sie ins Gefängnis müssen oder nicht.
Nicht allein die Betroffenen sind belastet, auch der Rechtsstaat. Wenn zwischen Delikt, Ermittlungen und gültigen Urteilen Jahrzehnte vergehen, interessiert sich nur noch eine Minderheit für die Urteile.
Damit kein Missverständnis entsteht: Ob Grasser und seine Spezl die Steuerzahler um ein sauberes Bieterverfahren und damit Millionen geprellt haben, soll hier nicht weiter erörtert werden. Über die fatale Optik (Stichwort: „Wo woar mei Leistung?“) ist alles gesagt.
Sehr wohl muss freilich thematisiert werden, wie lange Verfahren dauern. Und hier gibt es Verbesserungsbedarf.
Stimmt schon: Bei einem klassischen Nachbarschaftsstreit oder Gewaltdelikten ist Österreichs Justiz vergleichsweise flott, es wird schnell und in besserer Qualität entschieden als bei vielen EU-Nachbarn. Das ändert aber wenig daran, dass bei den spektakulären und großen Korruptionscausen – und gerade die sind für die Öffentlichkeit die interessanten – mehr Tempo geboten wäre.
Wie schafft man das? Die naheliegendste Antwort: Einspruchsmöglichkeiten werden beschnitten, Verjährungsfristen verkürzt, etc. Vereinfacht gesagt: Man verändert die Spielregeln für Verfahren.
So weit muss man derzeit aber gar nicht gehen. Fürs Erste würde genügen, an der „Waffengleichheit“ zu arbeiten.
Noch einmal zum BUWOG-Verfahren: Die zuständige Richterin war für dieses freigespielt und hatte keine anderen Aufgaben. Das ändert aber nichts daran, dass sie komplizierte Sachverhalte in verschiedenen Ländern prüfen, 150 Zeugen einvernehmen, 16.000 Seiten Protokolle bewerten und sich gegenüber 15 Angeklagten beweisen musste, die ein ganzes Team an Spitzenanwälten hinter sich wissen.
Eine derartige Mammut-Aufgabe darf nicht auf den Schultern einer Einzelnen lasten.
Justizministerin Zadic will nun 40 Verfahrensmanager und Hilfskräfte einstellen, um Richter in derartigen Großverfahren zu unterstützen. Das ist löblich, doch man fragt sich: Hat es wirklich ein Endlos-Verfahren wie die BUWOG gebraucht, damit die Justiz realisiert, dass nunmehr nicht Einzelkämpfer gefragt sind, sondern Team-Arbeit?
Kommentare