Verlorene Pfarrer, vertauschte Urne
Der Pfarrer stand vor der Kirche. Leider vor der falschen.
Ich gehöre zur Gruppe der Scheinheiligen. In die Kirche gehe ich nur, wenn es mir hundsmiserabel geht oder ich eine höchstpersönliche Einladung habe. Oder beides.
Wie letztens, bei der Verabschiedung eines engen Freundes der Familie. Heulend saßen wir hinter dem Sarg. Eine gefühlte Ewigkeit. In Stille. Weil der Pfarrer nicht aufgetaucht war.
Zehn Minuten nach dem offiziellen Messebeginn sprach er endlich zu uns. Nicht von der Kanzel, sondern übers Handy. Er teilte mit, dass er vor der Kirche stehe. Leider vor der falschen. Zum Glück nur wenige Kilometer entfernt. Dauert zehn Minuten bis er da ist, sagte er.
Eine Viertelstunde später war uns Hochwürden noch immer nicht erschienen. Eine weitere Nachricht ereilte uns. Jetzt hatte er sich auch noch verfahren.
So etwas findet man bestenfalls im Nachhinein lustig. Zu seiner Verteidigung: Es handelte sich um einen evangelischen Pater, den wir zu unserer katholischen Dorfkirche bestellt hatten. Diese kannte er offensichtlich nur vom Wegschauen.
Die Witwe hat sich dann gegen eine Urnenbestattung entschieden. Wollte nicht, dass wegen ihr wieder ein Geistlicher durch die Gegend irrt. Außerdem gibt es seit ein paar Jahren die Möglichkeit, die Urne zu Hause aufzubewahren. Klingt einfach, ist es nicht.
Mit zittrigen Händen holte sie die Urne vom Bestatter ab. Zu Hause angekommen, zündete sie eine Kerze an und holte die Urne aus der Schachtel. Es war die falsche. Der Bestatter hatte ihr die falsche Urne eingepackt und mitgegeben. Um irgendetwas Positives zu sagen: Der Umtausch hat reibungslos funktioniert. Zumindest gehen wir davon aus, dass sie jetzt die richtige Asche im Wohnzimmer stehen hat.
Meine Nachbarin hatte kürzlich zwei Schicksalsschläge binnen weniger Monate. Zuerst ist ihre Oma in Slowenien gestorben. Kurz darauf Aisha, ihre Setter-Hündin in Kärnten. So ein Hund ist ein Familienmitglied. Deswegen hat sie Aisha auch einäschern lassen und ihre Asche mit nach Hause genommen. War teurer als die Einäscherung der Großmutter in Slowenien.
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