Verbrechen vor aller Augen

Verbrechen vor aller Augen
Putin & Co. wollen Teil der zivilisierten Welt sein – und sind es nicht
Andreas Schwarz

Andreas Schwarz

Wladimir Putin ist einer der mächtigsten Männer der Welt. Was die Mächtigsten in fast rührender Einfalt eint, ist die Sehnsucht nach wirklicher Anerkennung. Die durch das Volk sowieso. Aber darüber hinaus hat der russische Langzeitpräsident lange die Annäherung an Europa gesucht, wollte als großer Staatenlenker, Weltordner und Demokrat, soweit das nach russischer Façon möglich ist, respektiert und geschätzt werden.

Auch sein kleineres Pendant in Weißrussland (Belarus) ist aus demselben Holz geschnitzt: Alexander Lukaschenko wollte sich aus der postsowjetischen Umklammerung Moskaus lösen und nach Westen ausrichten, konnte sich aber nie von seinem autokratischen Stil lösen. Durch die seit Wochen anhaltenden Proteste in seinem Land fühlt er sich „menschlich beleidigt“.

Im Westen darf man sich auch menschlich beleidigt fühlen! Und zwar von der Unverfrorenheit, mit der der Eine wie der Andere das Menschenrecht vor aller Augen mit Füßen tritt. Die Krim annektieren oder in Syrien an der Seite eines Schlächters Krieg führen, daran haben wir uns gewöhnen müssen, an gefälschte Wahlen wie jetzt in Minsk auch. Aber Kritiker vergiften oder verschwinden lassen, heute noch da, vor Kameras und in den Wohnzimmern der Welt, morgen halb tot oder weg, das raubt einem den Atem.

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