"... und manchmal weint sie."

Niki Glattauer

Niki Glattauer

Was einmal ein anständiges Espresso Susi war, ist jetzt ein anständiger Dönerladen

von Niki Glattauer

über Wien-Favoriten

Zwei kleine Texte über Favoriten – und meine ePost-Kästen können die Post kaum noch fassen. Tilt! Kollegin S. F. schickt mir Fotos von "allen Klassen an meiner Schule": Dazu den Text: "Ca. 200 Kinder, und wie Sie sehen, ist kein einziges blondes dabei. Sie verstehen, dass ich das nicht rassistisch meine. Dabei unterrichte ich nicht in Wien, sondern in Niederösterreich. Offiziell haben wir 60 Prozent Kinder mit Migrationshintergrund, aber viele der anderen 40 Prozent sind nur Papier-Österreicher. Deutsch reden sie nur in den paar Stunden in der Schule. Danach ab in die Parallelgesellschaft."

Zoran M. mailt (fehlerbereinigt): "Mein Sohn geht in die 1. Klasse Volksschule. In seiner Klasse sind jetzt mehrere Kinder aus Afghanistan, eines ist gehbehindert, eines ist geistig behindert. Die Lehrerin ist fast immer allein mit allen Kindern. Mein Sohn sagt: ,Mir tut die Frau Lehrerin leid. Manchmal schreit sie, und manchmal weint sie.’ "Schluss mit traurig, und noch einmal zurück nach Favoriten:Nein, liebe Post, ich bin nicht "Gülhan Durmaz in der Laär-Berg-Straße", daher beziehe ich die Zeitung "Aktüel", die regelmäßig in meinem Postfach landet, zweifelsfrei irrtümlich. Ich weiß auch nicht, was die Schlagzeile der letzten Ausgabe "

Kern: Oyunuzu kullanin" bedeutet, aber inzwischen ist’s vermutlich auch schon wurscht. In diesem Licht lese ich das Mail von Robert F., der sich in Anspielung auf mich darüber mokiert, dass im Gemeindebau offenbar auch "Leute leben, die es sich durchaus leisten könnten, eine Wohnung am freien Markt zu suchen".

Aha? Jetzt einmal abgesehen davon, dass unsereiner als Vollzahler im Gemeindebau auch schon € 750,- aufwärts für knapp 80m² bezahlt... sollen im Gemeindebau wirklich nur noch jene wohnen, die entweder Erdoğan oder Le Pen wählen würden, wenn sie könnten?

Ein Blick nach Inner-Favoriten genügt: Was einmal ein anständiges Espresso Susi mit Schinkenkäsetoast war, ist jetzt ein anständiger Dönerladen mit "alles Pute". Der Haarschneider von einst heißt Kaför und auf den Spielplätzen hört man die Kinder öfter Anne, Anne! schreien als Mami, Mami! Dafür haben wir immer noch den Tichy. Noch heißt er ja weder Tüchy noch Le Tichy.

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