Es ist also eingetreten, was vor der Wahl am meisten befürchtet worden war: Der prognostizierte Erdrutschsieg für den demokratischen Herausforderer Joe Biden schrumpfte in der Wahlnacht zu einem Kopf-an-Kopf-Rennen, von dem der sonst von keinen Zweifeln angekränkelte Präsident schon annehmen musste, dass er am Ende den Kopf nicht vorne haben würde. Also griff der Mann im Weißen Haus tatsächlich wieder zur seit Tagen geschwungenen Keule: Wenn ich verliere, dann nur durch Wahlbetrug.
Das wird einmal den Eintrag des Donald Trump in den Geschichtsbüchern prägen. Nicht seine erratische Politik, nicht seine psychoanalytisch interessanten Tweets, nicht sein hemdsärmelig bis rüpelhaftes Auftreten und auch nicht seine Unkenntnis in Sachfragen – das auch. Sondern der Hass gegen alles, das seiner Greatness im Wege liegt. Das haben gefeuerte Weggefährten zu spüren bekommen; das hat zur tiefen Spaltung der Nation geführt; das äußert sich in der Ver- und Missachtung des Wählers, verbunden mit der Inkaufnahme eines Nachwahl-Chaos. Von zum „Aufpassen“ aufgeforderten rechten Recken und gewalttätigen Konflikten nicht zu reden.
Trump lag und liegt nur Amerika am Herzen, again und again? Amerika ist dem großen Kind völlig egal – bekomme ich nicht, was mir zusteht, kann auch das Land mit mir versinken.
Die Demokratie der USA samt ihren Institutionen ist gefestigt genug, das nicht zu tun – wir sind ja nicht in einer Bananenrepublik. Sie wird auch die Episode Donald Trump verkraften. Wobei wir beim Stichwort Episode dann leider auch beim möglichen Wahlsieger Joe Biden wären. Wenn er ins Weiße Haus einziehen sollte, dann nur, weil die Mehrheit der Wähler Donald Trump (entgegen dessen Eigenwahrnehmung) dort nicht mehr sehen wollten. Auf einen wirklich starken, zukunftsfitten, neuen Mut machenden Präsidenten, der auch die Kraft hat, die Nation wieder zu einen, darauf wird sie halt noch einige Zeit warten müssen.
Kommentare