Strache: Noch lange nicht abgemeldet

Strache: Noch lange nicht abgemeldet
In der Meldezettel-Posse üben sich Heinz-Christian Straches politische Gegner in nobler Zurückhaltung. Gut so. Es ist kein Fehler, wenn er antritt.
Christoph Schwarz

Christoph Schwarz

Oft sind die kleinen Stolperfallen ja die gefährlichsten. Die halbe Republik auf Ibiza an eine Oligarchen-Nichte verscherbeln? Teure Gucci-Handtaschen auf Parteikosten für die (Ex-?)Ehefrau kaufen? Und dann noch Postenschacher rund um die Casinos? All das verzeiht nicht nur der geneigte Kernwähler – auch das Strafrecht übt sich in Nachsicht.

Aber wehe dem, der den falschen Meldezettel besitzt! Die Wohnsitz-Causa rund um Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache dominiert den Wiener Wahlkampf und erregt über die Stadt hinaus die Gemüter. (Dagegen kommt nicht einmal Birgit Hebeins grüner Pop-up-Populismus an.)

Politiker und wo sie leben – das ist schwieriges Terrain. Zu spüren bekam das zuletzt ÖVP-Chef Sebastian Kurz, der sich vor der Nationalratswahl schwerpunktmäßig mit der Frage beschäftigen musste, ob er nun Wiener, Waldviertler oder vielleicht (Ja, gibt’s denn das?) sogar beides sei. Dem Ex-Grünen Peter Pilz wurde immer wieder sein Leben im Gemeindebau vorgeworfen. Und jetzt eben Strache.

Rein juristisch müssen Wahlbehörden (und vielleicht Gerichte) die Frage klären, wo Straches Lebensmittelpunkt liegt. Die Entscheidung vom Montag, ihn nicht aus dem Wählerregister zu streichen, ist richtungsweisend, das letzte Wort wird am 27. August gesprochen. Dass die Sache gut für Strache ausgeht und er die eingeübte Opferhaltung diesmal nicht einnehmen muss (oder kann), davon ist auszugehen.

Wesentlich spannender als der juristische Aspekt ist aber ohnedies der politisch-emotionale. Ein Wiener Politiker, der eigentlich im Speckgürtel lebt? Das ist heikel! Von Niederösterreichern will man sich in der Stadt eher nicht dreinreden lassen. Beim Wohnen wird das Private politisch. Wo (und wie) man lebt, damit lässt sich Wählernähe signalisieren, das schafft Verbundenheit und Glaubwürdigkeit.

Was auffällt: Alle etablierten Parteien (mit Ausnahme der FPÖ, die sich ihres Kontrahenten entledigen will) üben sich in der Causa in nobler Zurückhaltung. Mit Noblesse hat das konsequente Schweigen der Polit-Gegner Straches freilich wenig zu tun. Eher damit, dass sie wissen, wo auch in ihren Reihen schwarze Schafe wohnen.

Doch zurück zu Strache: Haben sich seine Ehefrau Philippa und er wirklich getrennt? Nächtigt Strache deshalb im Wiener Ausweichquartier? Oder soll die Erzählung nur seine Argumentation vor den Behörden stützen? All das wissen nur die beiden selbst. Dass Strache nicht nur in Wien geboren, sondern hier auch politisch sozialisiert ist und Zeit seines Lebens tätig war, ist hingegen allgemein bekannt. Es ist kein Fehler, wenn er kandidieren darf.

Es wird gut sein, wenn die Wohnsitz-Posse bald ein Ende hat. Vielleicht bleibt dann auch mehr Zeit für ernsthafte politische Inhalte. Wegen der Wahl warat’s.

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