Sozialpartnerschaft als Auslaufmodell?

Österreich war bisher anders. Starke Sozialpartner hatten großen Einfluss auf die Politik. Bleibt das so?
Helmut Brandstätter

Helmut Brandstätter

In der Meta Halle in Wien-Stadlau wurden einmal Karossieraufbauten für Lkw hergestellt. Am Donnerstagabend lag über der ehemaligen Industriehalle ein Hauch von Abschied – nicht nur vom Präsidenten der Arbeiterkammer, Rudolf Kaske, sondern vielleicht von der Sozialpartnerschaft. Zwar saßen da Wirtschaftskammerpräsidenten und Gewerkschafter recht vertraulich zusammen, aber dieses Modell des Interessenausgleichs ist in die Jahre gekommen, bei manchen auch in Verruf. Die schöne neue Welt der digitalen Weltunternehmen kann schon mit dem Wort Partnerschaft nichts anfangen, und was sozial ist, kann man ohnehin diskutieren.

Am Beispiel Uber etwa. Die Wiener Taxis haben die Konkurrenz schon lange gespürt. Dass diese nach anderen Regeln fuhrwerkt, wurde als unfair empfunden. Die Konsumenten schätzen die günstigeren Preise, so mancher Uber-Fahrer hatte vorher keinen Job. Und wenn Uber das Ziel eines Monopols erreicht hat, was dann? Dann steigen die Preise. Oder Airbnb. Schön, eine billige Wohnung in einer anderen Stadt zu finden. Aber wenn im eigenen Haus jeden Tag andere Touristen unterwegs sind und die Mietpreise noch stärker steigen, hält sich das Glück in Grenzen. Amazon liefert pünktlich, vielleicht sogar billiger als der Laden ums Eck. Wenn es den und viele andere Geschäfte aber nicht mehr gibt, sterben die Städte.

Es geht also um Konflikte zwischen Produzenten und Mitarbeitern, zwischen Dienstleistern und Konsumenten. Diese tragen wir in Österreich in der 2. Republik unter den Sozialpartnern aus, mit sehr guten Ergebnissen für das Zusammenleben. So manche linke Studenten, die früher die "Sozialpackelei" geißelten, wurden zufriedene Mitarbeiter der Arbeiterkammer. Und auch echte Wirtschaftsliberale haben sich mit ihrer Kammer ausgesöhnt. Die Zeiten, als der Milchpreis von einer paritätisch besetzten Kommission ausgemacht wurde, sind ohnehin lange vorbei.

Türkis-Blau gegen Rot-Schwarz

Umso interessanter ist es, dass die türkis-blaue Bundesregierung das bewährte System weiter schwächen will, zunächst bei den Krankenkassen, die in Selbstverwaltung geführt werden. Aus blauer Sicht ist das verständlich, weil die FPÖ im rot-schwarzen System keinen Platz hat. Doch die Strategie, warum die türkise ÖVP auf die Schwarzen in den Kammern und in den Ländern losgeht, wird vor allem dort hinterfragt, und zwar mit sehr heftigen, gar unhöflichen Worten.

Nun ist bei Sozialpartnern und Kassen viel zu reformieren, die Geschickten dort haben das längst verstanden und auch damit begonnen. Aber vielleicht brauchen wir gerade im Zug des weltweiten Digitalkapitalismus in Österreich Institutionen, die sich um die Abfederung der Auswirkungen kümmern. Und darum, das Beste aus diesem ökonomischen Umsturz zu machen. Und warum sollen sich nicht auch Uber und Airbnb an Regeln halten?

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