Regierungsbilanz: Zumindest das Betragen passt

PRESSEFRÜHSTÜCK ?"BILANZ?": BABLER / STOCKER / MEINL-REISINGER
Wider Erwarten funktioniert das Regieren zu dritt weitgehend reibungslos. In den Umfragen wird das jedoch nicht belohnt.
Josef Gebhard

Josef Gebhard

Ein „Ausgezeichnet“ würde er der Regierung im Betragen geben, bilanziert Vizekanzler Andreas Babler kurz vor den politischen Sommerferien. Was der SPÖ-Chef nicht sagt: Im Schulalltag wird die Betragensnote von der Relevanz her nur noch von jener für die äußere Form der Arbeiten unterboten.

Bei dieser Koalition drängt es sich dennoch auf, einen Blick darauf zu werfen. Startete sie doch mit einem erheblichen Vertrauensdefizit: Zu kompliziert sei ein Regieren zu dritt, gerade in so schwierigen Zeiten. Das Beispiel der deutschen Ampel zeige, dass eine derartige, in unseren Breiten ungewohnte Konstellation eigentlich vom Beginn an zum Scheitern verurteilt ist. Die rund um den Jahreswechsel verunglückten ersten Koalitionsverhandlungen schienen diese skeptischen Stimmen zu bestätigen.

Zumindest in den ersten vier Monaten ist es dem türkis-rot-pinken Trio gelungen, sie zu widerlegen. Das Koalitionsmotto „Leben und leben lassen“ mag mittlerweile etwas überstrapaziert klingen, hat sich aber selbst bei so schwierigen Brocken wie der Budgetsanierung bewährt. Ob dahinter ehrliches Bemühen um Konsens oder bloß die Angst vor einer Regierung unter einem Kanzler Herbert Kickl steckt, sei dahingestellt.

Eine nicht unwesentliche Rolle spielen zwei Faktoren, mit denen im Herbst noch nicht zu rechnen war: Der nach dem Abgang von Karl Nehammer mehr als überraschend ins Kanzleramt geschlitterte Christian Stocker findet mit seiner ruhig-besonnenen Art Anerkennung über die Parteigrenzen hinaus. Mittlerweile wirbt die ÖVP, die zuletzt noch vom schrillen Stil der Kurz-Jahre geprägt war, offen mit diesem Image des Parteichefs.

Überraschend ruhig ist es derzeit auch um die SPÖ und Babler, der noch bis weit nach der Nationalratswahl Dauerfeuer aus den eigenen Reihen ausgesetzt war. Viele seiner Gegner sind nicht mehr im Amt. Der Rest scheint resigniert oder doch Gefallen am Regieren gefunden zu haben.

Nicht vorherzusehen war allerdings auch, dass sich die Neos so schwertun. Kaum eine Woche vergeht, in der nicht ein Pinker öffentlich Projekte der eigenen Regierung kritisiert. Die sehr großzügig ausgelegte Meinungspluralität innerhalb der Neos kann die Koalition aber nicht zum Wackeln bringen.

Eher schon die Umfragewerte, in denen sich nur wenig Anerkennung für die innerkoalitionäre Harmonie herauslesen lässt. Dafür ist die Betragensnote dann doch nicht relevant genug. Weiter ist die FPÖ meilenweit voran. Zum Glück für das ungleiche Koalitionstrio stehen aktuell keine größeren Wahlen an. Spätestens dann könnte Nervosität die innere Ruhe verdrängen – und aus dem „Ausgezeichnet“ rasch ein „Wenig zufriedenstellend“ werden.

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