Aber der „Grüne Pass“ muss startklar sein, wenn das innereuropäische Reisen wieder Fahrt aufnimmt. Das Mantra vom „mit dem Virus leben lernen“ muss endlich mit Substanz unterfüttert werden.
Und das heißt, endlich mal einer – hoffentlich bald positiven – Entwicklung einen Schritt voraus zu sein und vor allem einen gemeinsamen europäischen Weg zu beschreiten, um das Chaos an den Grenzen hintanzuhalten.
Das Tourismusland Österreich tut gut daran, ein derartiges System voranzutreiben. Im letzten Sommer lieferte man nämlich ein erbärmliches Bild ab.
Als der Bundeskanzler vermeinte, dass „das Virus mit dem Auto kommt“, Kroatien mit einer Reisewarnung belegt und schließlich Einreisekontrollen verhängt wurden, standen Balkan-Rückkehrer stundenlang an Österreichs Grenze im Stau. Denn sie mussten wie in prädigitalen Zeiten Zettel ausfüllen, die dann in Behördenkellern verschwanden. Das gescholtene Kroatien hatte da längst eine elektronische Einreiseregistrierung etabliert.
Bei all den möglicherweise wieder höchst unterschiedlichen Grenzregelungen, die in Europas Urlaubsländern in den kommenden Monaten erlassen werden, sollte zumindest der Nachweis für Impfung, negativen Test oder überstandene Erkrankung System haben.
Christian Willim ist Chronik-Redakteur in Tirol.
CONTRA
Ein Vorteilspass, der mir nach den beiden Teilimpfungen den Vor-Corona-Alltag bringt - Stichwort: Reisefreiheit - ist eine gute Sache.
Aber nicht jetzt. Der Zeitpunkt der Einführung kommt viel zu früh.
Die EU-Kommission nennt Anfang Juni als Start für das Dokument, zeitlich doch recht genau passend zum Beginn der Sommerurlaubssaison. Doch genau da beginnt das Dilemma: Ich bekomme bis dahin meinen Corona-Impfpass vermutlich nicht. Und mit mir Millionen weiterer Europäer.
Impfstoff ist Mangelware, in Europa ungleich verteilt, auch innerhalb Österreichs gibt es unterschiedliche Tempi beim Impfen. Je nach Bundesland haben bisher 16 Prozent (Tirol) und 9,2 Prozent (Steiermark) die erste Teilimpfung erhalten. Es ist Ende März und niemand kann mir sagen, wann ich an die Reihe komme. In einer Mangelwirtschaft darf es aber keine Nachteile für jene geben, die einfach keine Chance hatten, knappes Gut regulär zu erhalten.
Bei dem bisherigen Tempo gehe ich nicht davon aus, dass ich den kaum zehn Wochen bis Juni beide Impfungen habe: Knapp 47 Jahre alt, wohnhaft in der Steiermark, (glücklicherweise) ohne Risikofaktoren, die eine Vorreihung nötig machen. Ich bin eine der vielen, die warten müssen ohne Perspektive auf einen Impftermin.
Freilich, im Impfpass könnten auch der Status des Genesenen oder negative Corona-Tests eingetragen werden, heißt es. Aber ich war zum Glück nie infiziert, mir blieben nur die Tests. Doch sie sind bloß Momentaufnahmen und in ihrer Gültigkeit zeitlich befristet. Sie ersetzen keine Impfung. Erst wenn die berühmte Ketchup-Flasche geborsten ist und mehr Serum über ein Land schwappt, als es Impfwillige hat, macht ein Pass Sinn. Und wäre obendrein fair.
Elisabeth Holzer ist Chronik-Redakteurin in der Steiermark.
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