PRO
Nicht urassen, hieß es bei und von Großeltern, wenn es galt, die „Festtags-Beleuchtung“ auszumachen in den eigenen vier Wänden – um Strom und damit Geld zu sparen.
Generationen später ist der Appell des „Nicht-Urassens“ durch das Attribut „nachhaltig“ ersetzt – wie die Glühbirne durch die LED-Lampe. Doch der Grund, warum wir alle unabhängig des Alters Energie (ein-)sparen sollten, ist ein anderer und scheint’s noch lange nicht überall angekommen. Denn was genau hindert die Nachkriegsgenerationen, die an der Spitze von Staat, Konzernen, Firmen stehen, in Zeiten des Ukraine-Krieges, der fast zweistelligen Inflation und Energieknappheit, dem Großeltern-Beispiel zu folgen?
Indem die „Festtags-Beleuchtung“ von historischen Gebäuden wie Firmen-Fassaden oder Schaufenstern zwischen Mitternacht und Morgendämmerung einfach ausgemacht wird?
Weil jede Kilowattstunde hilft, das Budget und – in Zeitenwende-Zeiten gerne vergessen – auch das Klima zu schonen. Weil es sich längst nicht mehr um reine Symbolik, sondern eine Notwendigkeit handelt.
Worauf und vor allem warum warten heimische Politiker, Manager und Firmenchefs – während den nördlichen Nachbarn längst ein Licht aufgegangen ist? Die Stadt Augsburg verzichtet nachts auf Fassadenbeleuchtung, überlegt gar einzelne Ampeln auszuschalten, der Bundestag spart bei der Innenbeleuchtung und in Österreich? Da wird „erst evaluiert“ für den Herbst – ehe es zappenduster wird.
Johanna Hager ist stellvertretende Ressortleiteirn Innenpolitik.
CONTRA
Die Bundesregierung hat offiziell zwar noch keinen Sparzwang ausgerufen, dennoch wird schon an allen Ecken und Enden überlegt, wo Strom und Gas gespart werden können. Die Vorschläge reichen vom Deckel auf dem Kochtopf bis zum Abschalten der Lichtreklame in der Nacht.
Der Deckel wird die Energiekrise nicht beenden, das Aus für die Lichtreklame allerdings genauso wenig. Licht, das dem öffentlichen Raum weggenommen wird, wirkt sich negativ auf das Sicherheitsgefühl aus. Bei Licht an geht die Angstzentrale im Gehirn aus, heißt es in der Psychologie.
Da geht es nicht nur um Straßenlaternen, sondern auch um beleuchtete Auslagen und die Leuchtreklame. In den Städten gehört das zum gewohnten Bild, das Gassen und Plätze heimisch macht. Gerade in Zeiten der Krise darf dieser Aspekt nicht außer Acht gelassen werden. Angesichts der täglichen Negativmeldungen sind sehr viele Menschen ohnehin nur noch Angst getrieben.
Noch dazu zählt die Leuchtreklame nicht zu jenen Stromfressern, die den Energiehaushalt der Republik zum Kippen bringen könnte, weil natürlich immer mehr auf LED gesetzt wird und die Leuchtstoffröhren schön langsam verschwinden.
Grundsätzlich ist es in Zeiten der Energiekrise richtig, genau darauf zu schauen, wo überall sinnvoll Energie gespart werden kann. Nicht sinnvoll ist, deswegen den öffentlichen Raum zu verdunkeln. Das sorgt für Unsicherheit und lässt das Stimmungsbarometer noch mehr fallen.
Martin Gebhart ist Chronik-Chef.
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