PRO
Wer im November im Burgenland Gansl essen gehen will, sollte sich mit der Reservierung sputen. Die exzessiv beworbenen Gänsebraten rund um Martini (11. November) bringen Restaurants volle Häuser. Ein Großteil der Wirtshausware stammt aus ausländischen Intensivbetrieben in Ungarn oder Polen.
Für all jene, die den üppigen Vogel gerne verspeisen, sich aber keine Masttiere zu Gemüte führen wollen, gibt es eine Lösung: Ein Treffen mit Freunden und einer Österreichischen Weidegans, die im Freien herumlaufen durfte und selbst gut gegessen hat. Wer wieder einmal zu spät dran ist mit einer Bestellung aus der Region, wird auch am Wiener Naschmarkt fündig (allerdings auch nur mittels Vorbestellung). Danach muss der Schuldige gefunden werden, der die Fabrikation der Gans zu verantworten hat. Die restlichen Teilnehmer dürfen die Beilagen und Vorspeisen wie Rotkraut und Maronisuppe beisteuern. Ein Klacks gegen die Obhut des 5-Kilo-Tieres.
Aber das Gansl schmeckt ohnehin jedes Jahr ausgezeichnet, egal wie labbrig die Haut und wie trocken das Fleisch ist – immerhin wurdet alles selbst gekocht.
Wem der Riesenvogel anschließend schwer im Magen liegt, kann sich damit trösten, dass das viele Fett gesund ist. Omega-3-Fettsäuren (nur bei der Weidegans in höheren Mengen enthalten) treffen auf einfach ungesättigte Fettsäuren, so wie sie im Superhelden Olivenöl zu finden sind. Und danach hat man wieder ein Jahr lang genug von der gesunden Gans.
Christina Michlits, Ressort Leben
CONTRA
Gans oder gar nicht? Ganslessen rund um Martini ist eine Tradition, an der Herr und Frau Österreicher gerne festhalten. Man gönnt sich ja sonst nichts, oder? (Lieblingsmantra all jener, die sich eigentlich permanent Gutes gönnen) Bitte nicht falsch verstehen, Genuss macht das Leben lebenswert und sollte nicht verboten sein! Aber tut uns diese Delikatesse gut? Fraglich.
Martinigänse fallen mit ihren 340 Kalorien pro 100 Gramm nämlich nicht gerade unter „unbeschwertes“ Genießen. Wenn sie also um den 11. November am Teller landen (Rotkraut und Erdäpfelknödeln inklusive, versteht sich), kommt man schon mal auf rund 1.300 Kalorien (!) pro Portion. Mahlzeit. Nicht selten bereut der Körper spätestens am Folgetag den fetten Vogel. Vom ethischen Argument der Tierhaltung ganz zu schweigen. Stichwort: Stopfgänse. Denn auch die landen aus dem Ausland bei uns.
Und bevor Sie mit der glücklichen Bio-Gans, die ihr (kurzes) Dasein auf der heimischen Weide verbringen durfte, als Gegenargument ausholen: Warum die Sache nicht vereinfachen und mal anders feiern? Unzählige Lokale bieten mittlerweile fleischlose Martini-Menüs an, sei es das „Vegansl“ oder köstliche vegetarische Gerichte als Alternative. Und kocht man selbst daheim, fällt der Festschmaus ohne Gans auch mit Sicherheit kostengünstiger aus.
Schont die Geldbörse, schont das Cholesterin, schont die Figur und schont die Vögel. Win-win für alle also – wenn das kein Grund zum Feiern ist?
Amina Beganovic, Ressort Newsdesk
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