PRO
Die Gratis-Tests sind teuer, das stimmt. Aber teuer ist in dieser Pandemie vieles, und die Tests sind in mehrfacher Hinsicht für die Gemeinschaft nützlich.
Testen hilft gegen die Isolierung insbesondere alter Menschen. Das Wissen, „clean“ zu sein, gibt die Sicherheit, älteren Verwandten nichts Schädliches ins Haus zu schleppen. Und ganz allgemein ist getestet zu sein inzwischen ein Akt der Höflichkeit gegenüber Besuchern oder Gastgebern. „Ich bin getestet – schön, dich zu sehen“ hat als Grußritual das Bussi-Bussi abgelöst.
Testen ist auch eine Wirtschaftshilfe. Betriebe tun sich leichter, ihren Mitarbeitern regelmäßiges Testen vorzuschreiben und so Massenkrankenstände oder Massenquarantänen zu vermeiden, wenn diese kostenlos sind. Ohne Gratistests müsste die Impfpflicht wohl auch am Arbeitsplatz eingeführt werden – mit allen Konsequenzen von Betretungsverbot der Arbeitsstätte bis, in letzter Konsequenz, zum Jobverlust. Das würde viele Impfgegner, die sich ohnehin hysterisch verrannt haben, wohl noch mehr radikalisieren. Man sollte zuerst einmal die Auswirkungen der Impfpflicht beobachten, bevor man über die Einführung weiterer Sanktionen nachdenkt.
Und man sollte eines nicht vergessen: Omikron ist nach Einschätzung vieler Wissenschafter nicht das Ende von Corona. Was, wenn im Herbst eine neue Virusvariante auftaucht, gegen die die bisherige Immunisierung der Bevölkerung wieder nicht reicht? Die Headlines kann man sich leicht ausmalen: „Dritter Corona-Herbst und immer noch kein funktionierendes Testsystem!“ würde es wohl heißen. Insofern sollten die Bundesländer ihre Testinfrastrukturen sehr wohl vervollständigen. Es soll uns nichts Schlimmeres passieren, als dass man es dann nicht braucht.
Daniela Kittner leitet das Ressort für Innenpolitik im KURIER.
CONTRA
Mehr als zwei Milliarden Euro hat Österreich im Vorjahr für das Testen ausgegeben. Eine ähnlich hohe Summe ist heuer zu erwarten, sollte es in dieser Schlagzahl weitergehen. Und das ist zu befürchten. Denn die Experten der Gecko erarbeiten derzeit ein Konzept, um flächendeckend im ganzen Land ab dem zweiten Quartal ein PCR-Testnetz aufzubauen. Doch wozu?
Österreich ist schon jetzt unter den Top-Ländern beim Testen. Und zugleich aber hinsichtlich der Covid-Bilanz um nichts besser als die meisten anderen Staaten. Die positive Wirkung der vielen Testungen kann nach vier Lockdowns (in Wien trotz der meisten PCR-Tests sogar fünf) also infrage gestellt werden. Positiv entwickelt sich die Testfreudigkeit hingegen in monetärer Hinsicht für zahlreiche Laborbetreiber und Apotheken. Die Auftragsvergaben seitens Länder und Gemeinden sollten einer kritischen Betrachtung unterzogen werden.
Omikron ändert aber ohnehin die Spielregeln. Die Variante ist hochansteckend, die Tests verlieren großteils ihre Aussagekraft. Kleine Privatfeiern mit ausschließlich PCR-getesteten Teilnehmern, die dann plötzlich erkranken, oder Flugzeuge mit negativ getesteten Passagieren beim Abflug, wovon einige Stunden später nach der Landung ein paar Dutzend positiv getestet werden, sind anschauliche Beispiele dafür.
Es wird Zeit, das Testen auf ein vernünftiges Maß zurückzuschrauben. Nur bei Symptomen oder bei Kontakt mit Risikogruppen (etwa Spital oder Altersheim) sollten die Menschen künftig testen. Denn die Impfung hilft in 99 Prozent der Fälle gegen schwere Verläufe, das alleine muss reichen. Alle, die meinen, täglich testen zu wollen, oder auch Ungeimpfte, die bald bei Lokalbesuchen einen Test vorweisen müssen, sollen – wie in vielen anderen Ländern auch – dafür zahlen.
Robert Kleedorfer ist Wirtschaftsredakteur im KURIER.
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