Wir haben unserer 13-jährigen Tochter sämtliche Apps freigeschaltet, alle Zeitlimits entfernt und sie mit ihrem Smartphone einfach machen lassen. Das Ergebnis: Wir konnten dabei zuschauen, wie sich die Handyzeit Tag für Tag nach oben schraubte, bis zum Finale von unfassbaren neun Stunden an einem Schultag.
Kindern und Jugendlichen unreguliert ein Smartphone in die Hand zu drücken, funktioniert nicht. Wie auch? Da kann noch so viel Medienkompetenz im Spiel sein, das Hirn ist nicht reif für diese Art des Informationsbombardements. Und wir haben es ja nicht mit einem Gegenüber auf Augenhöhe, sondern einem ausgeklügelten Algorithmus zu tun. Dessen Ziel ist es, lange Bildschirmenzeiten zu generieren. Die Konsequenzen sind der Maschine wurscht, die tragen die Kinder, die Familien, die Gesellschaft. Eltern fühlen sich alleine gelassen in diesem Kampf, den wir nicht gewinnen können.
Tiktok, Instagram & Co. bis 16 Jahre zu verbieten, würde das kollektive Problem lösen. Kein Gruppendruck mehr, kein Cybermobbing, keine endlosen Stunden im Netz, keine Dauerdiskussionen. Bis hier eine Lösung samt Umsetzung auf europäischer Ebene kommt, streiten wir weiter. Übrigens: Australien verbietet soziale Medien für alle unter 16, das Parlament hat das Gesetz soeben verabschiedet. Geht doch.
CONTRA
Lisa Stepanek, Social-Media-Team
Ordentliche Medienbildung und Aufklärung zu Online-Sicherheit in ganz frühen Stadien des Bildungsweges statt Social-Media-Verbot – wie wäre das? Das Risiko von Verboten liegt immer darin, dass der Reiz, es auszuprobieren und Wege zur Umgehung zu finden, noch größer sein kann. Das Verbot versucht auch, Probleme zu bekämpfen, deren Entstehung wir sozialen Netzwerken zuschreiben: Gewalt, Missbrauch, psychische Krisen. Junge Nutzer würden durch Social Media „keine Kindheit mehr haben“, wie der australische Premier erzählt.
Die Lösung von gesellschaftlicher Fehlentwicklung allein in einem Social-Media-Bann für unter 16-Jährige zu sehen, wird der Komplexität der vorhandenen Probleme nicht gerecht. Social-Media-Nutzung sollte altersgerecht reguliert sein – und Eltern Möglichkeiten zur Kontrolle bieten. Werden Kinder mit einem Handy und allerlei Apps gänzlich sich selbst überlassen, ist das Fangnetz der Algorithmen natürlich nicht mehr weit. Und nicht zuletzt die große Frage nach der (technischen) Umsetzbarkeit.
Dass Facebook-Mutter Meta selbst noch gar nicht weiß, auf welcher Basis der Zugang für unter 16-Jährige eingeschränkt werden soll, zeigt, dass es bis Ende 2025, wenn das Verbot umgesetzt sein soll, noch ein langer Weg ist. Ausweispflicht? Warum nicht… für alle? Im Idealfall unter Achtung der Privatsphäre. Um Kinder zu schützen, braucht es zuallererst Sicherheit, dass der Gesetzgeber die Durchsetzungskraft hat, um die Vergehen in den Weiten des Internets und in den sozialen Medien zu bestrafen.
Kommentare