PRO
Georg Leyrer, Ressortleiter Kultur
Was für eine griesgrämige Debatte, Jahr für Jahr. Huch, ein Feiertag, den nicht schon die Großeltern gefeiert haben! Um Himmels willen, ein Fest, das von wo anders importiert wurde! Du meine Güte, es ist im Gegensatz zu Ostern und Weihnachten eventuell auch noch kommerziell!
Zu Halloween lässt sich mit ein bisschen Spaß an der Freude ein viel entspannterer Zugang finden: Warum denn nicht? Die Kinder freut’s, der Totenfasching tut – im Gegensatz zu den verrückten Krampusfeiern mancherorts – niemandem weh. Man darf Schokolade essen, man kommt – wobei das auch als Gegenargument verwendbar wäre – mit den Nachbarn ins Gespräch.
Klar, für die Geschäfte ist es vor allem eine schöne Verkaufsvorlage in einer Zeit, in der die Lebkuchen in den Regalen noch misstrauisch beäugt werden und die zu Schoko-Nikolos umgeschmolzenen Osterhasen noch im Kasten versteckt bleiben.
Für die Kinder aber holt Halloween eine Emotion ab, die man sonst kaum ausleben darf: fröhlichen Ekel nämlich. Schokospinnen und Totenköpfe und sonstiges Gruselzeug in sich hineinzustopfen, löst wohligen Geschmacksgrusel aus, der vielleicht auch den Weg zur nächsten Brokkolisuppe ebnet.
Wer sich hier um die österreichische Feiertagskultur sorgt, sollte vielleicht auch einen Schokoriegel essen – und gewahr sein: Dieses Land ist Weltmeister darin, Feiertage hinzuzufügen, ohne andere dafür aus dem Kalender zu streichen. So viele wie hier gibt es nirgendwo sonst. Da macht ein Neuer jetzt wirklich auch nichts mehr aus.
CONTRA
Dominik Schreiber, Chronik-Chefreporter
Man kann Kinder nicht früh genug auf den Ernst des Lebens vorbereiten. Am besten schicken wir sie spätabends auf eine nächtliche Erpressungstour zu den Nachbarn. Wer keine Süßigkeiten herausrückt, der muss eben mit Konsequenzen rechnen. Das kann Eierwerfen sein oder eine kleine Sachbeschädigung, im Extremfall geht es sogar bis zu Brandstiftungen. Ach, wie lustig ist das!
Tatsächlich gibt es kaum ein sinnloseres Fest als Halloween. Vielleicht die unnötige Böllerei zu Silvester oder das Verprügeln zum Krampus kann hier noch mithalten.
Dabei gibt es so farbenfrohe Festivitäten, die wir übernehmen könnten. In Indien etwa werden die Menschen an festgelegten Orten mit Farbe beworfen. Wer damit keine Freude hat, der geht einfach nicht hin. Kein Inder würde auf die Idee kommen, einfach das Haus seines Nachbarn zu beschmieren.
Auch in Mexiko wird der Tag der Toten mit farbenfrohen Umzügen gefeiert. Eine Party für jedermann, ganz ohne strafrechtlich relevante Delikte.
Stattdessen haben wir uns tatsächlich das blödeste Fest ausgesucht, das man finden kann. Da wir eh schon so viele Feste haben, müssen wir es sogar noch in die Nacht zwischen Reformationstag und Allerheiligen pressen. Der Handel darf sich freuen, die Zeit zwischen Lebkuchen-August und Nikolo-November zu füllen.
Übrigens zu Halloween soll ein toller Komet zu sehen sein. Nur falls Sie einen Grund suchen, um vor den nächtlichen Kinder-Erpressungen fliehen zu können.
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