Scheinargumente wie Wasserverschwendung und Proteinmangel sollen eine pflanzliche Ernährung sowie Ersatzprodukte verunglimpfen. Fakt ist jedoch: Tierische Produkte verbrauchen mehr Wasser als pflanzliche und verursachen mehr CO2. Und spätestens, seit Topathleten wie Lewis Hamilton ihre vegane Ernährung betonen, ist der Mythos erloschen, dass „starke Männer“ Fleisch brauchen.
Aber bleiben wir einmal beim Geschmack: Dieser ist erlernt, nicht angeboren. Wieso sollte man sich also nicht mit einem veganen Schnitzel an den Fleischverzicht herantasten? Vegane Produkte in traditionellen Geschmäckern können den Zugang zu mehr pflanzlicher Ernährung erleichtern. Die wenigsten steigen gleich mit einem rohen Tofublock aus regionalen Sojabohnen ein. Und wäre man mit jedem Ersatzprodukt so streng, müssten wir dann nicht auch alkoholfreies Bier und Zuckeralternativen infrage stellen?
Dass jetzt ausgerechnet ein Traditionswirt wie Figlmüller diesen Schritt setzt, ist erfreulich und begrüßenswert. Guten Appetit!
Katharina Alfon
CONTRA
Das haben wir also von der Gastro-Öffnung. Knapp zwei Wochen lang durften wir uns über ein bisschen alte Normalität freuen, und jetzt das! Ausgerechnet der Figlmüller, seit 1905 selbst ernannte „Heimat des originalen Wiener Schnitzel“, will seinen Gästen nun eine vegane Variante vorsetzen. Ja, darf er denn das, der Figlmüller? Sicher darf er. Aber ist es auch sinnvoll? Eher nicht.
Es gibt heutzutage viele Gründe – manche davon sind sogar ausgesprochen gut, etwa Klima- oder Tierschutz –, kein Fleisch oder gleich gar keine tierischen Produkte zu essen. Was daraus folgt, sollte aber selbstverständlich sein: Wer kein Fleisch will, wird wohl oder übel auf das dazugehörige Geschmackserlebnis verzichten müssen. Dass stattdessen in den Labors und Giftküchen der Lebensmittelkonzerne so lange an Zutaten, die alles andere als tierisch sind, herumexperimentiert wird, bis sie (fast) so schmecken, als wären sie es, zeugt von einem pervertierten Verständnis von Kulinarik. (Wie himmlisch frische Zutaten, pure Aromen und echter Geschmack sein können, das haben wir längst vergessen!)
Es ist aber auch symptomatisch für unsere Zeit: Selten hatten wir (wenn nicht gerade Lockdown ist!) so große Entscheidungsfreiheit wie heute. Die natürlichen Folgen und Konsequenzen unserer Entscheidungen zu akzeptieren, das haben wir aber verlernt. Wir wollen alles, und zwar gleichzeitig. Koste es, was es wolle.
Wussten Sie eigentlich, dass das original Figlmüller-Schnitzel vom Schwein und nicht vom Kalb ist? Aber mittlerweile wundert einen ja gar nichts mehr.
Christoph Schwarz
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