Pro
Liebe Bewohner von Wiener Neustadt und Hermagor, Sie müssen mir verzeihen, aber:
Ja, mir ist es nur recht, dass Sie sich nun regelmäßig testen lassen müssen. Und dass Sie nur mit negativem Test Ihre Stadt beziehungsweise Ihren Bezirk verlassen dürfen. Warum?
Erstens, weil diese Tests Puzzleteilchen sein können, um die Ausbreitung dieses verflixten C-Virus zu verlangsamen. Das hat sich nämlich in Wiener Neustadt und in Hermagor schon gewaltig breitgemacht. Wenn diese Ausfahrttests samt Stichprobenkontrollen wie in Wiener Neustadt mehr ist nicht dahinter, es geht ja nicht um eine generelle Abschottung symptomlos Infizierte herausfischen, die sonst untergegangen wären und andere unwissentlich gefährdet hätten Mission erfüllt.
Zweitens, diese Maßnahme ist von den Behörden umsetzbar, sie wurde lange genug debattiert und war anhand der Infektionszahlen absehbar. Und sie ist den Betroffenen sehr wohl zumutbar, allen lokalpolitischen Protesten gegen eine vermeintliche „Abriegelung“ von Bezirken und Statutarstädten zum Trotz. Mittlerweile wurde das Gratis-Testangebot so sehr ausgedehnt, dass die mangelnde Verfügbarkeit als Argument dagegen ausfällt.
Angenommen, die Maßnahme dauert bloß 14 Tage, inklusive Wochenenden. Weiters angenommen, ein Pendler arbeitet wochentags: Dann bräuchte er in dem Zeitraum maximal sechs Tests, da jeder 48 Stunden gilt.
Sechs Tests sind nicht zu viel verlangt auf dem Weg zurück in das Leben, das wir uns alle wünschen. Eines ohne täglich steigende Infektionszahlen, eines ohne Restriktionen. Eines mit offenen Lokalen, offenen Fitnesscentern und offenen Grenzen, um vielleicht ans Meer zu fahren ganz ohne Ausfahrttest.
Elisabeth Holzer ist Chronikredakteurin in der Steiermark.
Contra
Jetzt ist die Anordnung also da und wird umgesetzt. Ab sofort muss man einen negativen Antigen- oder PCR-Test mitführen, wenn man die Stadt Wiener Neustadt oder den Bezirk Hermagor verlässt. In Kärnten wird bereits kontrolliert, im südlichen Niederösterreich wird die Polizei wohl erst am Wochenende erstmals eingreifen.
Der Ärger, den diese Aktion aktuell in Wiener Neustadt erzeugt, ist für die breite Öffentlichkeit Nebensache, weil im Kampf gegen die Corona-Pandemie sehr oft nicht genau nachgefragt wird. Eine hohe Zahl an Neuinfektionen reicht, um das Gesetz des Handelns in Gang zu setzen – und in Wiener Neustadt sind die Zahlen hoch. Die Frage nach der Sinnhaftigkeit bleibt da rasch auf der Strecke.
Und die Sinnhaftigkeit ist bei dieser Aktion – speziell in Wiener Neustadt – tatsächlich zu hinterfragen. Wenn die Entwicklung der Corona-Zahlen in der Stadt so katastrophal ist, dann hätte man die Stadt gleich ganz abriegeln und dort einen harten Lockdown verordnen müssen. Mit allen Konsequenzen bis hin zum Schließen aller Schulen.
Die stichprobenartige Überprüfung bei täglich rund 42.000 Ein- und Auspendlern ist bloß eine Art Placebo. Man will zeigen, dass man etwas unternimmt, weiß aber gleichzeitig, dass die Maßnahme mehr als lückenhaft ist. Noch dazu sind noch immer sehr viele Fragen offen, vor allem wenn es um die vielen Schüler geht, die tagtäglich in die Stadt kommen. Und dann sind da noch die vielen Umlandgemeinden, die direkt an die Stadt grenzen.
Zum Ärger wird nun der Schaden kommen, den vor allem die Wirtschaft in der Stadt spürt. Ein hoher Preis, wenn es letztlich nur darum geht, dass noch mehr getestet wird. Das hätte man mit einem Eintrittstesten für die Wirtshäuser leichter und viel besser erreichen können.
Martin Gebhart ist Ressortleiter Chronik im KURIER und wohnt in Wiener Neustadt.
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