Die Philharmoniker sind geimpft. Gut so?

Die Philharmoniker sind geimpft. Gut so?
Das Spitzenorchester ist gegen Corona geschützt. Warum wir das gut finden. Und warum nicht

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Man kann es sich leicht machen: Die vorgereihte Impfung des Orchesters ist ganz bequem als Skandal einzubuchen. Musiker vor Polizisten geimpft? Eine Frechheit. Wiener Philharmoniker? Ein geldgieriger Verein, der sich’s gerichtet hat. Sache abgehakt.

Nur: Wer so argumentiert, gibt sich der dumpfen Sicht des Virus geschlagen. Dass nämlich alles andere nicht zählt, außer dem Körper. Wir haben dieses Menschenbild in wenigen Monaten verinnerlicht. Was für ein gesellschaftliches Unglück.

Österreich ist in einem Jahr von der selbst ernannten Kulturnation zu einem Land geworden, in dem jedes Signal an die Kultur als Affront gewertet wird. Die Impfaktion der Philharmoniker hat ganz viele Probleme, nicht zuletzt die defensive Kommunikation danach (Geldsorgen hat das Orchester echt keine). Aber die Häme – „es ist ja nur für ein Konzert“, und wer braucht Querflöten? –, der Hass gegen das Orchester sind Alarmsignale.

Nein, dabei geht es gar nicht um die „Kulturverliebten“ und ihre Elitenkultur. Sondern um eine Gesellschaft, die sich sehr willig und durchaus von der Politik unterstützt die Schneid’ abkaufen lässt, den Anspruch, dass sie mehr ist als eine Not- und Leidensgemeinschaft.

Es geht hier um eines der weltbesten Orchester, das Kultur, und damit Menschlichkeit und Hoffnung auch außerhalb Österreichs transportiert. Diese Menschen zu impfen, könnte man auch als Signal sehen, als Trotz, als Beginn: In den nächsten Wochen müssen wir uns nämlich vieles zurückerobern. Wir alle sind aufgeraut von Leid, Tod und Angst. Wir sehen Armut und weiterem Leid entgegen. Aber: Wer von uns hätte die vergangenen Monate geistig überlebt – ohne Musik, ohne Fernsehen, ohne Bücher? Zeit, ihnen allen wieder jenen Stellenwert zu geben, den sie verdienen. Ohne Neid.

Georg Leyrer ist Leiter der Kulturredaktion des KURIER.

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