PRO
Es nimmt wunder, wie wohlwollend grosso modo das immer irrwitziger werdende Agieren der sogenannten „Klimaaktivisten“ hingenommen wird. Dass hier im Zeichen der „Planetenrettung“ zunehmend aggressiver das „System“ bekämpft wird, fällt offenbar den einen nicht auf und wird von den anderen akklamiert. Ja, tatsächlich ist dieser Kampf bis jetzt gewaltfrei und insofern kein Terror, als er sich nicht direkt gegen Personen richtet. Freilich, die Behinderung des Verkehrs durch Straßenblockaden kann indirekt ebenso Menschen zu Schaden kommen lassen wie das Luftauslassen aus Reifen.
Dass eine „Klimaaktivistin“ in der ZiB 2 dieses kriminelle Vorgehen als „Entlüften“ bezeichnete, macht fassungslos, fügt sich aber ins Bild. Dass dies vom Moderator unwidersprochen blieb, ist ein Teil des Problems: Der ORF fungiert (nicht nur) hier als mediale Speerspitze einer bestimmten Agenda. Es gibt im Übrigen keinen Grund, anzunehmen, dass sich die einschlägige Szene nicht weiter radikalisiert. Die derzeit vorgesehenen Verwaltungsstrafen nehmen sich angesichts der erpresserischen und nötigenden Energie der „Klimakleber“ harmlos aus.
Dass ein Vorstoß für strengere Strafen nun mit dem Totschlagvokabel „Anlassgesetzgebung“ quittiert wird, muss nicht weiter irritieren: Natürlich wird die Gesetzeslage bestimmten Anlässen entsprechend adaptiert, was denn sonst? Von „Anlassgesetzgebung“ ist immer nur die Rede, wenn man keinen Anlass sieht. Sonst wird sehr schnell im Brustton moralischer Empörung nach angemessener Reaktion gerufen.
Rudolf Mitlöhner ist Innenpolitik-Redakteur.
CONTRA
Versammlungsfreiheit und das Recht auf freie Meinungsäußerung werden durch Artikel 10 und 11 der europäischen Menschenrechtskonvention gewährleistet. Diese Grundrechte sichern unsere Demokratie. Jeder Mensch darf öffentlich seine Meinung laut kundtun. Aber was, wenn niemand zuhört? Was, wenn Tausende Menschen bei unzähligen Demonstrationen nichts bewirken können? Heiligt dann der Zweck jegliche Mittel?
Man kann zu den Klima-Aktivisten, die sich auf Straßen oder in Museen festkleben, stehen, wie man möchte – Fakt ist aber, dass sie nun Gehör finden. Die Methode, die sie anwenden, ist außerdem absolut themenbezogen. Man kämpft für weniger Verkehr und blockiert ihn. Man will auf das Aussterben von Arten aufmerksam machen und klebt sich an Skelette ausgestorbener Arten. Darüber zu diskutieren, ob nun Gesetze verschärft werden sollen, um die Aktivisten strenger zu bestrafen, führt die Diskussion ad absurdum. Warum an bestehenden Gesetzen drehen, wenn in dieser wertvollen Zeit neue Gesetze für den Klimaschutz entstehen könnten?
Zugegeben, die Schlagzeilen sind attraktiv, vor allem für jene Menschen, die wegen der „Klima-Kleber“ im Stau stehen. Vergessen wir nicht, dass Niederösterreich im Wahlkampf steckt und dieses Thema es ermöglicht, sich Autofahrer-freundlich zu zeigen, ohne sich als Klima-Krise-Leugner zu präsentieren. Aber: Es gibt bereits Gesetze, und nur in deren Rahmen dürfen die Aktivisten bestraft werden – oder, im Sinne des Klimas, am besten gar nicht.
Birgit Seiser ist Reporterin in der Chronik.
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