Pro & Contra: Digitalsteuer
Lukas Sustala ist Vizedirektor bei Agenda Austria
Die Geschichte klingt einfach. Google, Facebook und Co. verdienen prächtig, und sie machen einen Teil ihrer Gewinne auch mit Nutzern und deren Daten sowie Inhalten in Europa. Doch versteuert werden die Profite woanders. Auf EU-Ebene scheiterte der Versuch, daran steuerpolitisch etwas zu ändern. Der österreichische Finanzminister Hartwig Löger wagt den Alleingang. Nun kommt also eine österreichische „Digitalsteuer“, die aber keine wirkliche Digitalsteuer ist. Gezahlt wird das relativ überschaubare Aufkommen nämlich nicht von den US-Digitalkonzernen mit ihren hohen Gewinnmargen, sondern von österreichischen Werbetreibenden, Konsumenten und Vermietern. Die neue Steuer mag aus Fairnessgründen ihre Richtigkeit haben. Statt eines lokalen Vorschlags bräuchte es freilich Reformen zur Datenökonomie auf internationaler Ebene. Dann könnten Gewinne stärker dort zugeordnet werden, wo Umsätze und Verwertung der Nutzerdaten stattfinden. Die Geschichte ist dann eben komplizierter. Es bräuchte profitable, wachsende IT-Unternehmen in Österreich, um das Steueraufkommen wirklich zu mehren. Eine neue Steuer macht die österreichischen Digitalunternehmen nicht wettbewerbsfähiger, den grassierenden IT-Fachkräftemangel um keine Person kleiner und die heimische Start-up-Szene um keine Finanzierungsrunde besser ausgestattet. An diesen unfairen Bedingungen ändert eine „Digitalsteuer“ nichts.
Agnes Streissler-Führer ist Ökonomin bei der Gpa-djp
Google erwirtschaftet mit 98.000 Beschäftigten 115 Milliarden Euro Einnahmen, Facebook mit 30.000 Beschäftigten 47 Milliarden. Die Voestalpine hat 11 Milliarden Einnahmen und knapp 50.000 Beschäftigte. Das Verhältnis von Umsatz zu Beschäftigung ist also in digitalen Unternehmen ungleich höher. Diese Umsätze werden nicht mit Produkten, sondern mit Daten „irgendwo im Internet“ gemacht und entziehen sich meist der fairen Besteuerung. Die EU wollte dies ändern: EU-weit sollten Umsätze aus Online-Werbung, Datenverkauf und Plattformgebühren für große Tech-Giganten mit drei Prozent besteuert werden. Leider ist dieser Versuch (vorerst) gescheitert. Frankreich, Spanien, Italien werden im Alleingang das EU-Modell national umsetzen. Der österreichische Alleingang ist hingegen eine Schmalspurlösung: Besteuerung der Online-Werbung, nicht aber der viel lukrativeren Plattformgebühren und des Datenverkaufs.
Ergebnis: Während die Umsetzung des EU-Vorschlags 80 Millionen Steueraufkommen erwarten ließe, würde die österreichische Kleinlösung nur 15 Millionen bringen. Vor allem aber wird keine Fairness hergestellt: Amazon, Airbnb, Uber profitieren von der Konsumstärke des österreichischen Marktes, leisten aber keinen fairen Anteil an der Finanzierung von Bildung, Sozialstaat und Infrastruktur. So wichtig eine echte Digitalsteuer wäre, so sehr muss man Lögers Vorschlag als heiße Marketing-Luft bewerten.
Kommentare