Premiere der mehrfärbigen Mehrheiten im Parlament

Premiere der mehrfärbigen Mehrheiten im Parlament
Kanzlerin Brigitte Bierlein setzt auf Verlässlichkeit. Die Parlamentarier auf Populismus
Johanna Hager

Johanna Hager

Er beginnt als bemerkenswerter Tag. Bemerkenswert, weil am 12. Juni 1994 Österreich „Ja“ gesagt hat zum EU-Beitritt. Bemerkenswert, weil jener Mann, dessentwegen die FPÖ ohne Obmann, die Koalition alsbald ohne Vizekanzler und Österreich sogleich ohne Regierung dastand, an nämlichem Tag seinen 50. Geburtstag beging. Heinz-Christian Strache fehlte. Doch von ihm kein Wort, denn sie stand im Mittelpunkt.

Sie, die neue Bundesregierung. Und sie: die erste Bundeskanzlerin der zweiten Republik. Brigitte Bierlein,

Beobachter werden sich an das Bild der stets bedacht wirkenden Bundeskanzlerin für die kommenden fünf bis sechs Monate gewöhnen - müssen. Und sie tun gut daran, denn Bierlein fällt durch Auftreten wie Ausdruck auf. „In diesem Hohen Haus als erste Bundeskanzlerin zu sprechen, stand nicht in meiner Lebensplanung“, sagt die ehemalige Verfassungsgerichtshofpräsidentin und macht sich damit nahbar.

„Nichts hält das Gemeinwesen besser zusammen als Verlässlichkeit“, zitiert die Juristin den Redner Roms – Cicero - und führt aus, worum es ihr fortan geht. „Diese Regierung verfügt über keine Mehrheit – es gibt daher keine Unterschiede zwischen Regierungs- und Oppositionsparteien.“ Wohl aber zwischen Ministern und Mandataren, denn: Während in den Reden von Vizekanzler Jabloner, Außenminister Schallenberg und Finanzminister Müller nur das Klicken der Kameras und viel von Stabilität, Sicherheit, Sparsamkeit sowie Demut, Dankbarkeit und Dialog zu hören ist, zeichnet sich eine Vielzahl der Parlamentarier am Pult durch populistische Forderungen und teils zynische Zwischenrufe aus. An deren Ende steht das freie Spiel der Kräfte, das beweist: Die Karten werden neu gemischt.

Im Minutentakt wird über Entschließungsanträge abgestimmt. Das Weiter für die Heeressicherheitsschule in Wiener Neustadt, das Aus für das König-Abdullah-Zentrum und das Ende der Rauchmöglichkeit in der Gastronomie. Die politischen Mehrheiten sind künftig, wenn auch nur kurz mehrfärbig.

Es werden bemerkenswerte Monate werden bis sich der Nationalrat neu konstituiert. Ob es denkwürdige Monate werden, haben die Protagonisten im Parlament in der Hand. Und jene auf der Regierungsbank, denn sie werden an ihren heutigen Worten gemessen werden. Insbesondere auch, ob der viel zitierte Dialog die Medien miteinschließt.

Kommentare