Patientenmilliarde: Wenn das Marketing die Politik ausbremst

U-AUSSCHUSS ZUM "ROT-BLAUEN MACHTMISSBRAUCH": HARTINGER-KLEIN (FPÖ)
Die Politik braucht markige Ankündigungen, um gehört zu werden. Schlimm ist aber, wenn sie diese nicht erfüllen kann.
Martin Gebhart

Martin Gebhart

Dass Akten aus dem Büro der ehemaligen FPÖ-Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein nicht mehr auffindbar sind, sorgte beim U-Ausschuss am Mittwoch weniger für Aufsehen als ihre Feststellung, dass die versprochene "Patientenmilliarde" nur ein Marketinggag gewesen sei. Dabei geht es um jenes Geld, das als Einsparungspotenzial angekündigt worden war, wenn die neun Gebietskrankenkassen zu einer Gesundheitskasse (ÖGK) verschmolzen werden. Hartinger-Klein verwies darauf, dass dieses Versprechen in der Marketingküche von Ex-Kanzler Sebastian Kurz geboren worden sei. Also ein Schmäh für das Wahlvolk, damit das Großprojekt schmackhaft gemacht werden kann.

Jetzt war diese Milliarde nicht völlig aus der Luft gegriffen, weil ein Gutachten, das noch aus der Zeit von SPÖ-Gesundheitsminister Alois Stöger stammte, auf die Möglichkeit verwiesen hatte, bei einer Reform rund 860 Millionen Euro einzusparen. Daraus wurde dann aber eine Milliarde - weil das natürlich besser klingt -, die nicht realisiert werden konnte. Der ÖGK-Generaldirektor muss deswegen damit leben, dass er bei fast jedem Interview danach gefragt wird, wohin diese Milliarde verschwunden ist. Vor allem, weil vorerst das Gegenteil eingetreten ist. Das Kuriose dabei: Die Zusammenlegung der Krankenkassen wäre auch ohne die Patientenmilliarde von vielen als richtiger Schritt angesehen worden.  

Aber so ist es mit den Versprechen, die dann nicht gehalten werden können. Sie holen die Politik ein und lassen sie nicht los. Ähnlich ist der Spruch "Koste es, was es wolle" zu sehen, der zu Beginn der Corona-Zeit dem damaligen Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) von seinen Marketingmitarbeitern mitgegeben worden ist. Oder der monatliche Ederer-Tausender, den 1995 die damalige EU-Staatssekretärin Brigitte Ederer (SPÖ) als Einsparung aufgrund des EU-Beitritts der Bevölkerung versprochen haben soll.

Natürlich ist auch in der Politik Marketing notwendig, um an die Bevölkerung heranzukommen. Mehr denn je. Wenn allerdings Sprüche und die Realität nicht zusammenpassen, dann erleidet die Politik das gleiche Schicksal wie jedes Unternehmen: Die Kunden wenden sich ab

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