Eher nebenbei war noch erwähnt worden, dass die Bundesliste per Umlaufbeschluss von den Ländern abgesegnet worden war. In diesem Vorgang steckt allerdings mehr als bloß eine Formalität. Es bedeutet eine Abkehr von der Vorgangsweise, die Nehammers Vorgänger als Bundesparteiobmann, Sebastian Kurz, der ÖVP verpasst hatte. Der ließ bei seiner Bundesliste die Landesparteichefs nicht mehr mitreden. Der setzte auch in erster Linie auf Quereinsteiger, das Parteibuch war zweitrangig.
Diese Zeit ist vorbei, geblieben ist nur noch die Farbe Türkis. Die hatte Sebastian Kurz eingeführt, um so unter seiner Führung auch nach außen hin einen Neuanfang in der Partei zu signalisieren. Weniger Macht den Landesparteien, mehr Kompetenzen für ihn und die Parteizentrale in der Wiener Lichtenfelsgasse. Das ist nicht der Weg von Karl Nehammer. Er setzt vielmehr auf den intensiven Kontakt mit den Ländern, er holt sich bei Entscheidungen eine breite Zustimmung, er hat seiner Partei die ehemals schwarze Politik wieder zurückgegeben. Wobei er es im Gegensatz zu manch seiner Vorgänger geschafft hat, dass die Landeshauptleute hinter ihm stehen. Zumindest bis zur Wahl. Türkis ist für Karl Nehammer somit nur noch eine Marketingfarbe, für Sebastian Kurz war es mehr.
Derzeit ist der Ex-Kanzler in der Partei jedenfalls nicht wirklich mehr ein Thema, auch wenn Nehammer im September weit hinter dessen Wahlergebnissen aus den Jahren 2017 und 2019 liegen wird. Deutlich wurde das alles vor einigen Tagen, als Sebastian Kurz bei einem Talk in Wien darauf verwies, dass er mit FPÖ-Bundesparteiobmann Herbert Kickl keine offenen Rechnungen mehr hat. Vor einem Jahr hätte so eine Aussage noch für heftige innenpolitische Diskussionen und parteiinterne Ärgernisse gesorgt. Noch dazu, wo der Kanzler in seinen Ansagen jegliche Zusammenarbeit mit dem blauen Parteichef ausschließt. Jetzt wurde Karl Nehammer diese Woche in der ZIB2-Interviewreihe mit den Parteiobleuten nicht einmal mehr dazu befragt.
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