Nüchtern betrachtet

Warum kann eine Taxifahrt in Schladming ein Erlebnis sein?
Christina Pertl

Christina Pertl

Es ist wirklich nicht leicht, der einzige Nüchterne zu sein.

von Christina Pertl

über eine Taxifahrt in Schladming

„Es ist nicht leicht, der einzige Nüchterne zu sein“, brummt der sitzfüllende Herr hinter dem Steuer, legt den Gang ein und gibt Gas. Ganz bedächtig. Lieber noch ein Blick nach links, einer nach rechts – man kann als Taxifahrer in Schladming nicht vorsichtig genug sein. Schon gar nicht am Faschingsdienstag, wo Supermen, Bischöfe und Clowns die Stadt bevölkern. Wankend.

Da klopft schon wieder ein Skihaserl an die Scheibe des hellgrauen Kleinbusses. „Ich will da rein!“, tönt es von draußen. Die roten Hasenohren blinken wild, fast aggressiv. Nur gut, dass die junge Dame mit der lallenden Aussprache auf der falschen Seite des Gefährts steht. Dort, wo keine Schiebetür ist. Wer weiß, welche Szenen sich sonst abgespielt hätten. „Wenn du ein Taxi willst, musst du dir eines bestellen“, sagt der Taxi-Pilot diplomatisch. „Aber die Nummer ...“, setzt das Häschen leicht verzweifelt an „... die steht am Bus“, ergänzt der Steuermann und deutet auf die Zahlenkombination, die an der Seitenwand aufgeklebt wurde: 5-5-5-5-5 – gar nicht so schwer zu merken.

Der Taxler seufzt.

„Im Sommer ist es noch schlimmer“, erzählt er zur allgemeinen Verwunderung. Wie kann das sein? Wo es doch zur WM-Zeit abends schon recht turbulent in der 4500-Seelen-Stadt zugeht. Wie können denn betrunkene Ski-Touristen noch überboten werden? Durch Einheimische, stellt sich heraus. Interessant, wo die doch eh’ alle von hier sind. Warum brauchen denn die alle ein Taxi? „Ja, weil sie die Mama nicht abholt“, erklärt der Mobilitätsexperte.

„Wou foahrst dein dou hin?“, ruft derweil ein Mann mit einem Hut in Form einer Geburtstagstorte durchs offene Taxifenster. Er kämpft vor dem örtlichen Kebab-Stand sichtlich mit der Schwerkraft. „Zum Planaiblick“, gibt der Lenker brav Auskunft. „Ouba dou muaß i jo neid hin“, entgegnet’s von draußen. „So ein Pech“, brummt’s aus der vorderen Reihe und gibt Gas.

Es ist wirklich nicht leicht, der einzige Nüchterne zu sein.

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