Niemand braucht neuen Kalten Krieg
Putin hat keine Angst vor westlichen Truppen, sondern von der Attraktion des liberalen Gesellschaftsmodells.
Hillary Clinton hat als Außenministerin dienstliche eMails über ihre private Adresse geschickt. Damit haben sich die Behörden lange beschäftigt und das Verfahren schließlich eingestellt. Medien haben über jedes Detail berichtet, außerdem über ihr Einkommen und ihr Vermögen. Schreibt Wladimir Putin überhaupt Mails? Wie viel Geld hat er wirklich – und von wem? Das weiß niemand. Jeder russische Journalist, der auch nur Fragen danach stellt, hätte sofort Besuch vom Geheimdienst. Das ist der Unterschied, schon die Freiheit der Information ist es wert, für eine offene Gesellschaft zu kämpfen.
Das zeigt sich auch bei aktuellen Manövern der NATO in Polen. Ein Reporter der Hamburger Wochenzeitung Die Zeit machte sich kürzlich über militärische Aktivitäten des westlichen Bündnisses in Osteuropa lustig. Von einem Säbelrasseln könne keine Rede sein: "Die Geräusche, die hier ausgesandt würden, klangen eher nach Ächzen und Knirschen." Die NATO sei Russland militärisch jedenfalls unterlegen. Deshalb denkt natürlich kein vernünftiger Mensch im Westen an eine Aggression. Und niemand braucht einen Kalten Krieg.
Wladimir Putin weiß natürlich, dass die Annexion der Krim ein ebenso großer Fehler war wie der Einmarsch von Soldaten in der Ukraine. In Wirklichkeit hat er keine Angst vor westlichen Truppen, sondern von der Attraktion des liberalen Gesellschaftsmodells. Innovationen in der Forschung, von denen die Wirtschaft profitiert, entstehen nun mal nur dort, wo freies Denken erlaubt ist und nicht in autokratischen Oligarchien.
Warum trotzdem westliche Politiker zum starken Mann in Moskau aufblicken, bleibt unverständlich.
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